Wie sieht’s in Kempen, Willich, Tönisvorst aus? Reisebüros hoffen auf gute Geschäfte

Kempen/Willich/Tönisvorst · Die örtlichen Reisebüros stehen mit dem Rücken zur Wand. Helfen können nur Neubuchungen. Teils laufen erste Anfragen für den Urlaub in Deutschland an. Die lukrativen Geschäfte mit Auslandsreisen liegen aber noch auf Eis.

 Johannes Heggers hat in seinem Reisebüro in Grefrath alle Vorgaben erfüllt, um Kunden bedienen zu können. Allerdings hilft dies nur, wenn die Kunden auch reisen dürfen und wollen. Das hängt nicht nur von der Situation in Deutschland ab.

Johannes Heggers hat in seinem Reisebüro in Grefrath alle Vorgaben erfüllt, um Kunden bedienen zu können. Allerdings hilft dies nur, wenn die Kunden auch reisen dürfen und wollen. Das hängt nicht nur von der Situation in Deutschland ab.

Foto: Norbert Prümen

Die Mitarbeiter in den örtlichen Reisebüros arbeiten unter Hochdruck, verdienen dabei aber keinen Cent. Was sich paradox anhört, ist eine Tatsache. Die Kunden, die in den Reisebüros ihre Reisen gebucht haben, wollen wissen, wie es weitergeht. Kriegen sie ihr angezahltes Geld zurück, und wann wird das der Fall sein? Können sie umbuchen, aber welche Reisealternativen bestehen? In den Reisebüros müssen viele Dinge für bereits gebuchte Reisen, die nun aber nicht mehr möglich sind, rückabgewickelt werden.

„Unsere Kunden haben zu den Rückabwicklungen viele Fragen, um die wir uns allesamt kümmern. Nur dafür gibt es kein Geld. Die gesamte Rückabwicklung läuft zu unseren Kosten. Wir verdienen erst wieder, wenn die Kunden wirklich neu buchen“, sagt Susanne Utke vom Kempener Reisebüro am Kuhtor. Sie spricht davon, dass das Durchhalten sehr schwierig wird. „Als Thomas Cook voriges Jahr Insolvenz anmeldete, dachte ich, das wäre ein Obergau. Das muss ich heute relativieren. Das war im vergangenen Jahr pillepalle. Was wir jetzt erleben, ist der Obergau. Wir stehen mit dem Rücken zur Wand“, beschreibt sie die Situation, die seit dem 16. März zu Null-Einnahmen geführt hat. Dafür aber müssen bereits gezahlte Prämien für gebuchte und jetzt stornierte Reisen zurückgegeben werden. Oder sie werden nicht mehr ausgezahlt.

Etliche Reisebüros sind in ihrer Existenz bedroht. Die Soforthilfen reichen nicht. Helfen können nur die Kunden mit Neubuchungen. Doch die laufen sehr langsam an. Im Reisebüro am Kuhtor gab es erste kleine Anfragen für Deutschland.

„Wir können alles anbieten, angefangen von Hotels bis hin zu Ferienwohnungen und Ferienhäusern. Wir haben Veranstalter, über die ein Urlaub in Deutschland, egal ob sportlich, wellnessorientiert oder städtisch geprägt, gebucht werden kann. Alles ist möglich, von den Bergen bis zur See. Wir haben das Wissen für Urlaub in Deutschland und beraten genauso fachlich wie bei einer Fernreise“, betont Martina Westermann vom Reisebüro Lade in Anrath. Doch die Nachfrage hält sich noch in Grenzen.

 Auch Martina Westermann vom Reisebüro Lade in Anrath hofft, ihren Kunden bald wieder Fernreisen verkaufen zu können.

Auch Martina Westermann vom Reisebüro Lade in Anrath hofft, ihren Kunden bald wieder Fernreisen verkaufen zu können.

Foto: Norbert Prümen

Viele Menschen sind verunsichert, und wer selber in Kurzarbeit steckt, denkt momentan nicht unbedingt an Urlaub. Statt Neubuchungen laufen auch in Anrath die Rückabwicklungen von nicht zustande gekommenen Reisen. „Wir arbeiten nach Reisedaten ab. Der Abreisestand ist derzeit der 20. Mai“, informiert Westermann. Stichtag ist aktuell der 14. Juni, denn bis zu diesem Tag gilt die weltweite Reisewarnung durch das Auswärtige Amt. Solange diese Reisewarnung besteht, wird das Geschäft nach Einschätzung von Martina Westermann mau bleiben, obwohl Deutschlandreisen derzeit ohne Probleme gebucht werden können. Zwar gebe es teilweise noch offene Fragen, ob zum Beispiel im Ferienpark gemeinschaftliche Einrichtungen wie Schwimmbäder oder Indoor-Spielplätze geöffnet sind, aber das stehe einem Urlaub nicht im Wege.

„Die Neubuchungen liegen derzeit bei null. 20 Prozent der Kunden, die von März bis Mai gebucht haben, buchen um. 80 Prozent warten ab, weil sie die Entwicklungen nicht abschätzen können, und wünschen eine Erstattung ihres bereits bezahlten Geldes“, beschreibt Werner Kiwitz vom St. Töniser und Kempener Unternehmen „Der Reisefuchs“ die Situation. Er freut sich über jede Neubuchung. Wer über ein Reisebüro bucht, hilft nicht nur der Branche, sondern kann sich immer sicher sein, einen kompetenten Ansprechpartner zu haben – sei es, wenn es Probleme mit einer Unterkunft geben oder wenn eine Rückholaktion nötig werden sollte.

Letzteres konnten die Kunden vom Reisebüro Grefrath bereits feststellen. „Wir haben keine Kunden mehr im Ausland. Wir haben alle Reisenden zurückgeholt, egal, ob sie in Neuseeland, Peru, Thailand oder sonstwo waren“, sagt Johannes Heggers vom Reisebüro Grefrath. Er sieht die Lage als ernst, aber nicht als hoffnungslos an. Er bleibt trotz der katastrophalen Moment­aufnahme optimistisch und ist sich sicher, dass es weitergehe und man sich zurückkämpfen werde. „Solange wir unsere Stammkunden haben, die uns vertrauen und die auch jetzt schon wieder die ersten Buchungen innerhalb von Deutschland getätigt haben, haben wir eine Chance zu bestehen“, sagt Heggers.

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