Gemeinde Grefrath Pulverdampf und altes Handwerk

Gemeinde Grefrath · Eine ganz besondere Epoche erleben die Besucher derzeit im Niederrheinischen Freilichtmuseum Grefrath. Rund 150 Historiendarsteller machen die Zeit von 1740 bis 1780 lebendig. Die Besucher dürfen auch selber Hand anlegen.

 Die Besucher bekommen einen kleinen Einblick in das Leben in der Mitte des 18. Jahrhunderts. Flinten waren ein normaler Anblick.

Die Besucher bekommen einen kleinen Einblick in das Leben in der Mitte des 18. Jahrhunderts. Flinten waren ein normaler Anblick.

Foto: wolfgang kaiser

Der Geruch von Lagerfeuern liegt in der Luft, kaum dass man das Niederrheinische Freilichtmuseum betreten hat. Auf der großen Wiese neben der Dorenburg steht ein Zelt neben dem anderen. Kochgeschirre hängen an Eisengestellen über den Feuern, Frauen in langen Röcken, Schultertücher und Hauben tragend, sind mit der Zubereitung von Essen beschäftigt oder führen Handarbeiten aus. Männer in den verschiedenen Uniformen, Gewehre über der Schulter, marschieren umher. Das Geklapper von Holzschuhen über den Wegen ist zu hören. Aufgeschlagene Zelteingänge geben den Blick frei auf Schlaflager, Waschschüsseln und sogar Öfen, die in den Zelten stehen.

Mächtige Kanonen sind zu sehen. Preußischer Infanterieoffiziere posaunen ihre Kommandos lautstark heraus, und Regimentstrommeln erklingen. Im Freilichtmuseum hat das Rokoko Einzug gehalten und lädt zu einer Zeitreise ein, die viele Überraschungen bereithält. Bei Friedhelm Becker ist eine Kanonenkugel im Einsatz. Allerdings in ungewohnter Form. Beyer mörsert mit dem zehn Pfund schweren Geschoss Senfkörner in einer Holzschale. Mit einem leise knirschenden Geräusch brechen die Senfkörner auf, die er zuvor auf seiner alten Waage ganz genau mit den Gewichten abgemessen hat. 50 Gramm Senfkörner braucht er, um die kleinen Senftöpfchen zu befüllen, die hinter ihm in seinen Krämerschränken stehen. "Wenn die Körner zerkleinert sind gebe ich Zucker, Weinessig und ein bisschen Salz dazu. Das Ganze wird mit Wasser aufgerührt und muss 14 Tage stehen bleiben", erklärt er den aufmerksam zuhörenden Besuchern, die sich an seinem Krämerstand eingefunden haben. Verfeinerungen des Senfs mit Rübenkraut. Honig und Marmelade sind durchaus möglich.

Bei Reinhold Plundrich entstehen hingegen aus Tannenbaumästen Quirle. Die in der Werkbank eingespannte Tannenbaumspitze bearbeitet er fleißig mit dem Beitel und holt die äußere Holzschicht herunter. "Diese Quirle waren früher in jedem Haushalt anzutreffen", erzählt Plundrich. Fertige Modelle hängen über hölzernen Essgeschirren und Löffeln an einer Schnur. Dazu kommen eiserne Pfannen, Holzschuhe und Birkenrindenprodukte, die in dieser Zeit sehr gängig gewesen wären. Ein paar Meter weiter gibt es das nächste Handwerk zu bestaunen. Eberhard Eisfeld versteht sich auf die hohe Kunst des Ziselierens. Mit dem Ziselierhammer und vielen verschiedenen Werkzeugen treibt er unterschiedlichste Muster in die Metallplatten, die vor ihm auf einer Filzunterlage liegen. "Schmuck, Bilder aber auch Verzierungen für Pistolenbeschläge sind auf diesem Weg entstanden", erläutert Eisfeld. Wer möchte kann bei ihm einmal selber unter die Handwerker gehen. Für Kinder hat er eigens Kupferfolien dabei, die bearbeitet werden können. In eine Handwerkerrolle ist auch Alma geschlüpft. Die Zweijährige hilft beim Drehen der Seile. Ihre Kinderhände schließen sich um die Kurbel vom Kammgeschirr. "Schön festhalten", gibt Claudia Springorum vor, hebt ihre Tochter hoch und lässt sie kreisen. Die Kurbel setzt sich in Bewegung und aus den vier gespannten Naturhanf-Strängen am Kammgeschirr, die von Björn Guth zum Schlitten geführt werden, dreht sich langsam ein Seil. Aus dem Backhaus quillt Rauch. Dieter Schommer ist mit dem Backen der Dorenburg-Brote beschäftigt und erklärt mit Begeisterung wie in dem alten Holzbackofen gebacken wird. In der Dorenburg ist ein lauter Knall zu hören. Dieter Röhr hat gerade das Pulverprüfgerät vorgeführt. Rund um die Jagd dreht sich bei ihm und seiner Frau Silke alles. Holzgestelle mit Jagdbüchsen, Pistolen und Zubehör wie zum Beispiel das Pulvermaß stellen die beiden vor. "Und was ist das? - diese Frage kommt nicht nur von den jüngeren Besuchern. So mancher Erwachsener starrt das merkwürdige Geschöpf an, das zwischen Pistolen und Co. auf dem Tisch sitzt. "Das ist der Wolpertinger. Äußerst selten anzutreffen", klärt Dieter Röhr mit einem Augenzwinkern auf. Sieben Tiere sind in dem ausgestopften Modell vereint, wobei es nicht ganz einfach ist, alle zu identifizieren.

(tref)
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