Stadt Kempen Probleme nach Unfall mit Flüchtlingskind

Stadt Kempen · Der Kempener Klaus Weckes blieb auf den Reparaturkosten sitzen, nachdem ein Kind aus einer Flüchtlingsfamilie mit dem Rad in sein Auto gefahren war. Für Asylbewerber ist keine Haftpflichtversicherung vorgeschrieben.

 Klaus Weckes musste die Kosten für die Reparatur an seinem Wagen - mehr als 2000 Euro - aus eigener Tasche bezahlen.

Klaus Weckes musste die Kosten für die Reparatur an seinem Wagen - mehr als 2000 Euro - aus eigener Tasche bezahlen.

Foto: Wolfgang Kaiser

"Begreifen kann ich das nicht, dass wir gleich zweimal zur Kasse gebeten werden", sagt Klaus Weckes. Der 64-jährige Bankkaufmann aus Kempen meint damit, dass einerseits aus Steuergeldern die Unterbringung und der Lebensunterhalt der Flüchtlinge bezahlt würden, andererseits man auch die Kosten bei einem unverschuldeten Unfall, in der schuldhaft ein Asylbewerber beteiligt ist, übernehmen müsse. Er war bereits im Herbst 2015 in einen unverschuldeten Unfall mit einem jungen Flüchtlingsmädchen, 12 oder 13 Jahre alt, verwickelt, das die Vorfahrt nicht beachtete und ihm mit dem Rad in den Wagen gefahren war.

Passiert ist das Ganze damals im Bereich einer Baustellenampel an der Ecke Königsberger-/Oedter Straße. "So schnell konnte ich überhaupt nicht reagieren, wie die Radfahrerin gegen meinen Wagen prallte und stürzte", erinnerte sich der Kempener, der nach wie vor nicht verstehen kann, dass es seitens der Kommune für derartige Vorkommnisse keine generelle Haftpflichtversicherung gibt. Helfen lassen wollte sich das Mädchen, das leichte Verletzungen davon trug, nicht und auch keine Polizei. Sie sei dann, so Weckes, nach der Karambolage mit dem Rad in Richtung einer benachbarten Unterkunft gegangen. Dennoch habe er sofort die Polizei eingeschaltet, die auch die Missachtung der Vorfahrt durch die junge Radfahrerin auf ihren Unfallbogen schrieb. "Sogar die Polizei hat mir dabei den Tipp gegeben, eventuelle Ersatzansprüche bei der Ausländerbehörde prüfen zu lassen", berichtet Weckes. Er blieb auf den Reparaturkosten von mehr als 2000 Euro sitzen, fragte bei der Stadt und auch beim CDU-Bundestagsabgeordneten Uwe Schummer nach. Ohne Erfolg. Die Stadt schrieb ihm, dass es keine allgemeine Haftpflichtversicherung für Asylbewerber gäbe - und weiter: "Asylbewerber haften bei verursachten Schäden selbst." Sofort reagierte Uwe Schummer. Bei allem Verständnis für den Unmut wies der Bundespolitiker darauf hin, dass auch Asylbewerber, die anderen einen Schaden zufügen, wie alle anderen Privatpersonen persönlich zum Ausgleich verpflichtet seien. Eine Verpflichtung zum Abschluss einer privaten Haftpflichtversicherung bestünde aber nicht. Schummer sprach weiter von einer "unbefriedigenden Situation", zumal einige Kommunen eine derartige Versicherung abgeschlossen hätten, andere aber nicht.

Klaus Weckes hat die Reparaturkosten aus der eigenen Tasche bezahlt. "Sicher hätte ich den Anspruch gegen die Radfahrerin durch einen Titel geltend machen und diesen vielleicht einmal viele Jahre später, wenn sie volljährig ist, realisieren können, aber das habe ich nicht gemacht, das ist nicht mein Stil." Jedenfalls möchte Weckes, dass diese Problematik mal grundsätzlich erörtern wird. Den Standpunkt der Stadt machte auf Nachfrage der Rheinische Post jetzt noch einmal Pressesprecher Christoph Dellmans deutlich. Er teilte mit: "Der Abschluss einer Haftpflichtversicherung obliegt jeder Privatperson in eigener Zuständigkeit. Auch ein Sozialhilfeempfänger, der Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch bezieht, bekommt keine Haftpflichtversicherung aus kommunalen Mitteln."

"Eine Lösung gibt es im Moment noch nicht", sagte Bjarne Norlander, der bei der Stadtverwaltung die Flüchtlingshilfe koordiniert. Könnte man eventuell theoretische oder praktische Radprüfungen anzubieten, um die ausländischen Radfahrern fit für den Straßenverkehr zu machen? Bjarne Norlander hätte nichts gegen Radfahrprüfungen einzuwenden, sagt aber: "Dagegen hatte die Polizei Bedenken und die Frage gestellt: Wer haftet, wenn bei diesen Prüfungen Unfälle passieren?" Und auch theoretische Prüfungen seien nicht so einfach, schon allein wegen der Sprachprobleme. Man werde aber dieses Problem bei den neuen nun im Februar beginnenden Sprachkursen ansprechen.

Franz Steier, der sich in der Initiative "Kempen hilft" besonders engagiert und auch die Fahrradwerkstatt an der Heilig-Geist-Kapelle in der Kempener Altstadt leitet, will ebenfalls Verbesserungen erreichen. Er sagt: "Jeder Asylbewerber, der von uns ein Rad bekommt, erhält in der jeweiligen Sprache eine Broschüre des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC), in der unter anderem die wichtigsten Regeln im Straßenverkehr erklärt werden." Man denke darüber nach, einen theoretischen Unterricht anzubieten. Außerdem werde man Gespräche mit der Politik führen.

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(wsc)
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