Evangelische Kirche Kempen “Wir brauchen die Gewissheit, dass etwas Sinn macht“

Kempen · Kempens Pfarrer Michael Gallach offenbart seine Gedanken zum Weihnachtsfest: Es sei klüger, auf die Liebe zu setzen als auf den eigenen Vorteil.

 Pfarrer Michael Gallach von der Evangelischen Kirchengemeinde.  Foto: woka

Pfarrer Michael Gallach von der Evangelischen Kirchengemeinde. Foto: woka

Foto: Wolfgang Kaiser

Von Václav Havel stammt ein großartiger Satz: „Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat - egal, wie es ausgeht.“

Die Figuren, die in der Weihnachtsgeschichte vorkommen, hätten das wohl nie so einprägsam formulieren können. Aber wir finden bei ihnen genau diese unerschütterliche Gewissheit und Entschlossenheit, das Richtige zu tun, unabhängig von den Erfolgsaussichten.

Maria und Josef geben nicht auf, als sie frustriert und zermürbt eine Unterkunft in Bethlehem suchen. Sie improvisieren, um ihrem Kind den besten Schutz zu bieten. Sie machen aus der Futterkrippe kurzerhand eine Wiege und können kaum ermessen, dass der Begriff Himmelbett niemals so zutreffend war wie damals in dem Stall.

Die Hirten lassen alles stehen und liegen und folgen der Botschaft der Engel. Sie haben keine Angst davor, als pflichtvergessen zu gelten, weil die Schafe in der Nacht mal unbeaufsichtigt bleiben. Das Vertrauen in die himmlische Botschaft ist einfach stärker.

Die weisen Sterndeuter aus dem Morgenland machen sich auf eine lange, unbequeme Reise, um den neugeborenen König der Juden zu begrüßen und erleben zunächst eine herbe Enttäuschung. Im Palast des Herodes weiß man nichts von der wundersamen Geburt eines Königs. Wenn sie jemals darauf spekuliert hatten, mit Pomp und Gloria empfangen zu werden, sie lassen es sich nicht anmerken. Obwohl Jesus und seine Eltern einen ärmlichen Eindruck gemacht haben, spüren sie die Freude und schenken, was sie haben.

Meine Hoffnung zu Weihnachten ist, dass wir uns diese Einstellung als Vorbild nehmen.

Wer sich jetzt ausmalt, wie viele Pandemie-Wellen noch über uns hereinbrechen könnten, lähmt sich nur und verliert den Blick dafür, welches Handeln genau jetzt richtig und sinnvoll ist.

Die Hoffnungsbotschaft von Weihnachten lautet für alle, die das Kind in der Krippe von Herzen aufnehmen: Es ist klüger, auf die Liebe zu setzen und nicht auf den eigenen Vorteil. Es nutzt nichts zu jammern oder bockig alle Versuche zu zerreden die Pandemie zu bekämpfen – auch wenn die manchmal ziemlich improvisiert erscheinen.

Übrigens: Václav Havel gehörte zu den herausragenden Intellektuellen der Tschechoslowakei und hat unter der kommunistischen Herrschaft viele Jahre im Gefängnis verbracht. Der international gefeierte Autor von Theaterstücken wurde mit Schreibverbot bestraft und musste seinen Lebensunterhalt als Parkwächter in Prag verdienen. Gebrochen hat ihn die autoritäre Regierung nicht – im Gegenteil: er hat daran mitgewirkt, eine Diktatur zu brechen.

Nach dem Sieg der Demokratie wurde er zum Staatspräsidenten gewählt und hat in dieser Eigenschaft mal die Rolling Stones zu sich eingeladen. Gut zu wissen, dass Hoffnung belohnt wird.

(RP)
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