Die Geschichte Oedts St. Vitus, der Dom an der Niers

Oedt · St. Vitus ist älter als Oedt, aber nicht die heutige Kirche. Die alte wurde mit dem Wachstum der Bevölkerung zu klein. Die Pfarrkirche wurde beständig ausgebaut und besticht heute durch ihre farbigen Fenster.

 Die alte Pfarrkiche St. Vitus um 1901 von Süden aus gesehen.

Die alte Pfarrkiche St. Vitus um 1901 von Süden aus gesehen.

Foto: ka

Die Festlichkeiten zur Feier des Ortsjubiläums „850 Jahre Oedt“ beziehen sich auf eine Urkunde aus dem Jahr 1170, in der die Kirche St. Vitus erwähnt wird. Abt Robert von der Benediktinerabtei in Gladbach benutzt darin die Formulierung „apud Hude in ecclesia nostra“, was übersetzt heißt: „in unserer Kirche zu Oedt“. Damit wird „Oedt“, das früher „Hude“ genannt wurde, ein erstes Mal urkundlich erwähnt.

Das heißt aber nicht, dass die Kirche 850 Jahre alt ist. Sie ist wahrscheinlich älter, wie archäologische Forschungen ergeben haben. Im Jahr 1300 wird sie in einer weiteren Urkunde als „Ode capella“, also als Oedter Kapelle erwähnt. Sie wird darin der Pfarrkirche von Kempen zugeordnet. Und als in den Jahren 1348/49 die Herrschaft Oedt an das Erzstift Köln überging, wurde das Patronat über die Oedter Kirche ausdrücklich mit den mit der Herrschaft Oedt verbundenen Rechten dem Erzbischof von Köln als Landesherrn zugerechnet.

 Die Kirche St.Vitus ist weit über die Oedter Grenzen hinaus für ihre qualitätsvollen Fenster bekannt.

Die Kirche St.Vitus ist weit über die Oedter Grenzen hinaus für ihre qualitätsvollen Fenster bekannt.

Foto: Kaiser, Wolfgang (wka)

Die Kirche in Oedt war also zu dieser Zeit noch keine Pfarrkirche. Zu ihr gehörten die Bauernhöfe im Nieder- und Auffeld sowie die Höfe bis in die Gegend von Neersen. Diese Höfe bildeten einen Hofverband, der abhängig war vom Herrenhof im Kirchspiel Oedt. Der Herren- oder Fronhof stand an der Stelle des späteren Oedter Pastorats. Unmittelbar nördlich davon befand sich die kleine Kirche, in der die Oedter werktags den Gottesdienst besuchen konnten. Zur Sonntagsmesse und zu den Sakramenten mussten sie den beschwerlichen und langen Weg nach St. Peter in Kempen gehen. Dort wurden sie anfangs auch bestattet.

Eine Erweiterung der kleinen Kirche war zunächst nicht notwendig, denn der Hofverband und damit die Zahl der Bevölkerung blieb weitgehend konstant. Dies änderte sich erst mit dem Bau der Burg Uda in den Jahren 1312/1313. Mit ihr entstand die erste Ansiedlung, das Burgdorf Oedt. Die Neuansässigen beteten in dem Kirchlein, das jetzt zu klein geworden war. Ein erster Anbau als nördliches Kirchenschiff wurde notwendig, wahrscheinlich schon im 14. Jahrhundert.

Im 15. oder 16. Jahrhundert erhielt die Oedter Kirche einen neuen Chor. 1472 erhielt die Kirche auch ihren ersten Turm. Er wurde an der zur Niers ausgerichteten Seite angebaut und bestand noch bis 1932. Chor und Turm künden nun gewissermaßen vom pfarrlichen Anspruch über den Ort hinaus, und spätestens in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurde aus der Kirche in Oedt eine selbständige Pfarrkirche. Im 17./18. Jahrhundert bekam die Kirche ein südliches Seitenschiff.

Mit der Auflösung der Benediktinerabtei St. Vitus in Mönchengladbach 1802 war die Oedter Pfarre aus der engen Bindung, die sie Jahrhunderte mit dieser Abtei verbunden hatte, entlassen. Von jetzt an unterstand sie für über ein Jahrhundert der Aufsicht des Bischofs von Münster, bis sie im Jahre 1930 an das neugegründete Bistum Aachen fiel.

Im Innern war die Kirche vergleichsweise gut ausgestattet. Schon im 15. Jahrhundert hatte sie neben dem Hauptaltar noch drei weitere Altäre, von denen einer der Heiligen Jungfrau, ein zweiter der Heiligen Anna und der letzte der Heiligen Katharina geweiht war. Der größte von ihnen, der Marienaltar, stand in der Mitte der Kirche und verdeckte den Gläubigen teilweise die Sicht auf den Hauptaltar. Auf diesem stand ein Kreuz aus Silber, in das als Reliquienpartikel „ein größeres Stück vom Kreuz Jesu eingelassen zu sein schien“, so das Visitationsprotokoll des Jahres 1641. Die Kirche besaß im 17. Jahrhundert einen Taufstein, eine Kanzel und einen Beichtstuhl. Im Turm hingen zwei Glocken. Kniebänke und Sitzgelegenheiten für Gläubige gab es vor dem 18. Jahrhundert nicht.

Durch die Industrialisierung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und in dessen Folge der Zuzug von Arbeitern nach Oedt in die Textilfabriken vergrößerte sich die Einwohnerzahl Oedts abermals, so dass der Kirchenraum bald nicht mehr ausreichte. Die neue Kirche wurde am 9. August 1903 eingeweiht. 1910 begannen die Bauarbeiten für die Errichtung eines 70 Meter hohen Kirchturms. Im Innern der Kirche war man bei der Farbgebung zurückhaltend, denn nur die gegliederten Teile wie die Pfeiler waren getönt. Damit ist von Beginn an der Kirche eine Kühle zu eigen, die auch heute noch besticht. Die gestifteten qualitätsvollen Farbfenster wurden von der Firma Wilhelm Derix in Goch/Kevelaer in den Jahren 1901/02 angefertigt. Zwei besonders schöne Einzelkunstwerke schmücken die Kirche. Eine spätgotische Vitusfigur von 1515 zeigt den Heiligen mit der ihm geweihten Kirche in seiner rechten Hand und in der anderen einen Palmzweig. Bei dem zweiten Kunstwerk handelt es sich um ein Ölgemälde von 1660, das die Kreuzigungsgruppe zeigt.

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