Kempen Niersverband bleibt bei der geplanten Gebührenerhöhung

Kempen · Seinen 90-minütigen Vortrag beendet Dietmar Schitthelm mit einem Knalleffekt. Zum "Dank für Ihre Aufmerksamkeit" präsentiert er das Bild eines riesigen maroden Turboverdichters, der eine Kläranlage lahmlegte. Weil die Ersatzbeschaffung für das eine Million Euro teure Stück ein Jahr dauerte, fielen Mietkosten in gleicher Höhe für vier kleinere Ersatzgeräte an. Damit untermauerte der Vorstand des Niersverbands den teils schlechten Zustand der Anlagen und die damit verbundenen finanziellen Aufwendungen. Zurzeit stecke der Verband jährlich 15 Millionen Euro in Reparaturen, "aber es müssten 30 Millionen Euro sein", sagte Schitthelm im Betriebsausschuss. Hinzu kämen noch die Neubauinvestitionen.

Einen Weg aus der Misere sieht er in einer 40-prozentigen Erhöhung des Beitrags für die Abwasserbeseitigung, die die Verursacher, also die Städte und Gemeinden sowie die Wirtschaft, zahlen müssen. Den Politikern verschlug's die Sprache. "Was ist den schief gelaufen?", fragte Hans-Willi Dröttboom (SPD). "Eigentlich gar nichts", hörte er, doch auch, dass vom Land erwartete Gelder nicht geflossen seien. Der Verband habe sich jahrelang aus einigen vorübergehenden Zusatzeinnahmen und vor allem üppigen Rücklagen finanziert. Doch die Rücklagen sind bei 20 Millionen Euro angelangt und werden eigentlich als Feuerwehrfonds für Fälle wie den defekten Turboverdichter benötigt.

Als der Niersverbandsrat im Herbst die 40-Prozent-Steigerung vorschlug, regte sich erheblicher Widerstand. Die Stadt Nettetal regte als kurzfristigen Kompromiss eine Beitragserhöhung von nur 5,6 Prozent an. Das wurde so beschlossen, auf einer erneuten Sitzung des Verbandsrates am 5. Juli kommen die 40 Prozent wieder auf den Tisch - neben zwei weiteren Versionen von 30 Prozent und 17 Prozent, diese aber drei Jahre hintereinander. Die Rücklagen des Verbands könnten aber nur bei einer Erhöhung um 40 Prozent wieder dotiert werden.

Für Nettetal machte das 40-Prozent-Plus 1,4 Millionen Euro innerhalb des zwölf Millionen Euro betragenden Postens "Abwasserbeseitigung" aus. Für das "Musterhaus" (150 Kubikmeter Wasser, 130 Quadratmeter befestigte Fläche) bedeutet dies nach Berechnungen von Harald Kothen ein Mehr von 90 Euro im Jahr. Für den kaufmännischen Leiter des Nettebetriebs ist ein solcher Gebührensprung gegenüber den Kunden aber nur schwer vermittelbar. Das sieht Ingo Heymann (CDU), Vorsitzender des Nettetaler Betriebsausschusses, ähnlich: "Das bringt uns erheblichen Diskussionsstoff."

(RP)
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