Kreis Viersen Neue Kultur des Sterbens

Kreis Viersen · Wie Sterbende und ihre Angehörigen intensiver begleitet werden können, will der Caritasverband in seinen Einrichtungen erkunden. Das Projekt „würdige Sterbebegleitung“ koordinieren zwei neue Mitarbeiter.

Seit 1. Oktober fahren sie Touren der sechs Caritas-Pflegestationen mit und schauen sich im Irmgardis-Altenheim Süchteln und im Altenheim St. Michael Waldniel um: Sozialpädagogin Damaris Nießen (30) und Gerontologe Christian Schrödter (25) haben beide Erfahrungen in der Hospizarbeit. In den nächsten Monaten sind sie mit einer Bestandserhebung beschäftigt. Sterbebegleitung findet in den Einrichtungen der Caritas statt, aber die Mitarbeiter finden oft nicht genug Zeit, denn die Kostenträger geben den Personalschlüssel vor. So will der Wohlfahrtsverband die Strukturen in seinen Einrichtungen weiterentwickeln und eine neue Kultur des Sterbens etablieren, „die Nöte der Menschen aufgreift und alle Beteiligten einbezieht“, so Geschäftsführer Peter Babinetz. Das habe viel mit dem Anspruch der Caritas auf Pflegequalität zu tun.

Im Leben über den Tod nachdenken

Die Projekt-Koordinatoren stellte Babinetz mit dem Vorsitzenden Felix Pieroth und Regionaldekan Alexander Schweikert vor. Damaris Nießen hat in Aachen studiert und bei einem Praxissemester im dortigen Hospiz ein Projekt „Biografiearbeit mit Sterbenden“ umgesetzt. Sie plädiert dafür, Begleitung früh einsetzen zu lassen, bevor der Sterbeprozess beginnt: „Es geht mitten im Leben darum, über den Tod nachzudenken.“ Das will sie beim Personal und den Angehörigen ins Bewusstsein bringen. Christian Schrödter hat in Vechta die Wissenschaft rund um das Alter studiert und Zivildienst im Hospiz Erkrath-Hochdahl geleistet. Seine Diplomarbeit schrieb er zu „Sinnsuche im höheren Lebensalter“. Er sucht den Kontakt zu Mitarbeitern und Ehrenamtlern, „mit denen das Projekt steht und fällt“. Man könne nicht erst in den letzten Tagen jemanden ans Bett setzen, unterstreicht er. Wie Damaris Nießen will er die Angehörigen, die meist hilflos daneben stehen, einbinden und stützen.

„Viele Menschen haben nicht Angst vor dem Tod, sondern davor, was mit ihnen im Sterbeprozess passiert“, betont Peter Babinetz. Der Caritasverband wolle den ihm anvertrauten Menschen in ihrer letzten Lebensphase ermöglichen, menschenwürdig und begleitet zu sterben. „Wir wollen etwas von der Intensivpflege in stationären Hospizen in den Alltag unserer Einrichtungen rüberbringen“, erklärt der Geschäftsführer. Schmerzlinderung sei ein wichtiger Aspekt sowie enger Kontakt mit Therapeuten, Ärzten, Institutionen und Hospizgruppen im Kreis. Ein Forschungsinstitut soll das Projekt begleiten, der Caritasverband will die Ergebnisse publizieren. Peter Babinetz: „Das bietet die Chance, dass auch andere Institutionen vom tieferen Verständnis der Problemlage und den Lösungen profitieren.“ Vorschläge will die Caritas beim Personal, den Praktikern vor Ort, ausloten und sie fragen: Wie stellt ihr euch Sterbebegleitung vor? Babinetz: „Die hatten mal Träume. Diese Visionen wollen wir aufgreifen.“

(RP)
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