Kreis Viersen Netzwerk hilft Kindern psychisch kranker Eltern

Kreis Viersen · In rund 2000 Familien im Kreis Viersen ist mindestens ein Elternteil psychisch krank, so die Schätzung von Experten.

 Kerstin Seidel vom Sozialpsychiatrischen Zentrum der Arbeiterwohlfahrt in Lobberich, hier im Gespräch mit einer Klientin, ist Mitbegründerin des kreisweiten Netzwerks "Felix".

Kerstin Seidel vom Sozialpsychiatrischen Zentrum der Arbeiterwohlfahrt in Lobberich, hier im Gespräch mit einer Klientin, ist Mitbegründerin des kreisweiten Netzwerks "Felix".

Foto: Franz-Heinrich Busch

Wenn Eltern psychisch krank sind, belastet das auch die Kinder. Hilfe bietet "Felix", das Netzwerk für Kinder psychisch kranker Eltern im Kreis Viersen. 2008 wurde es gegründet, etliche Institutionen sind mit im Boot. Gerade fand das 20. Netzwerktreffen statt. Mitbegründerin Kerstin Seidel vom Sozialpsychiatrischen Zentrum der Arbeiterwohlfahrt (Awo) in Lobberich weiß: "Der Bedarf ist riesengroß."

Rund 150 Kinder sind kreisweit Klienten im dem Netzwerk, 70 Familien erfahren Unterstützung. Die Fachleute leisten innerhalb eines Jahres hunderte von Beratungsgesprächen. Dabei erreichen die Netzwerker nach Einschätzung Seidels wohl nur die Spitze eines Eisberges: "Im Kreis Viersen gehen wir von etwa 2000 betroffenen Familien aus, und zwar aus allen sozialen Schichten."

Leidet eine Mutter oder ein Vater an einer psychischen Erkrankung, hat das nach den Erfahrungen der Sozialpädagogin fast immer Auswirkungen auf die Kinder. Manch ein Kind kapselt sich innerlich ab, ein anderes reagiert aggressiv. Auffällige Verhaltensweisen stellen beispielsweise Lehrer vor ein Rätsel. "Darum leisten wir Aufklärungsarbeit auch in Schulen, etwa mit unserem Projekt 'Verrückt? Na und!'", sagt Seidel. Zudem ist statistisch das Risiko hoch, dass ein betroffenes Kind später selbst psychisch erkrankt. Um vorzubeugen, bieten die Netzwerker neben Gruppengesprächen, Krisenintervention oder ambulanter Hilfe auch Freizeitaktivitäten für Betroffene an. Dabei könnten Kinder "mal abschalten und Kraft schöpfen", so Seidel. Im Netzwerk "Felix" setzt man auf Nachhaltigkeit: Manche ehemaligen Klienten, mittlerweile erwachsen, darunter junge Mütter, treffen sich weiterhin zum Austausch. Das Netzwerk, zwischenzeitlich gefördert von der Aktion Mensch, vom Landschaftsverband Rheinland (LVR) und bis zum Jahresende noch von der NRW-Landesinitiative "Starke Seelen", gilt als Modellprojekt: Auf Einladung anderer Kommunen und Institutionen werden Vorträge über "Felix" in ganz Deutschland gehalten. Doch die Fördermittel sind zeitlich begrenzt, die Arbeit ist mit der Besetzung von derzeit eineinhalb Stellen kaum zu schaffen. "Zum Jahresende läuft die NRW-Förderung aus. Dann fällt eine Stelle weg, immerhin finanziert der Kreis Viersen eine halbe Stelle", sagt Seidel. Zusätzlich baut das Netzwerk daher auf Spenden.

www.netzwerk-felix.de

(RP)
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