Muziek Biennale Niederrhein Emotionaler Abend mit jüdischer Musik und Literatur
Tönisberg · In Kombination mit der nachdenklichen Lyrik der Schauspielerin Thea Hummel präsentierte das Quintett „Tovte“ dem Publikum bei der Muziek Biennale volkstümliche Kiezmer-Musik aus Osteuropa und sorgte für eine spezielle melancholisch-heitere Stimmung.
Im Rahmen der Muziek Biennale Niederrhein gaben sich am vergangenen Freitagabend auf dem Tönisberger Erprathshof die Musiker des Kölner Quintetts „Tovte“ sowie die Schauspielerin Thea Hummel ein Stelldichein. Unter dem Titel „Klezmer und die Grandes Dames der jüdischen Literatur“ präsentierten sie dem Publikum in der bis auf den letzten Platz gefüllten, stimmungsvollen Hofscheune jüdische Musik und Texte von einer mitreißenden Qualität und Emotionalität.
Seit nunmehr fast zehn Jahren widmet sich „Tovte“ der traditionell im ost- und südosteuropäischen Judentum beheimateten, volkstümlichen Klezmer-Musik. Tobias Gubesch (Klarinette), Nathalie Litzner (Bratsche), Anna Neubert (Geige), Leonhard Spies (Gitarre) und Silas Eifler (Kontrabass) haben es dabei zu einer außerordentlichen Meisterschaft gebracht. Selbst ohne jüdische Wurzeln, haben sie den Klezmer-Stil mit seinen improvisatorischen Elementen, den rasch changierenden Tempi, Rhythmen und Lautstärken sowie charakteristischen Techniken wie dem Schluchzen, Trillern und Zittern vollkommen verinnerlicht.
Neben Arrangements von Werken aus der Tradition brachten sie auch eigene Kompositionen zur Aufführung – manche darunter, wie etwa der „Corona Tango“, verliehen einer ganz aktuellen Stimmungslage Ausdruck und stellten die Universalität des Klezmer unter Beweis. Die Intensität des musikalischen Erlebnisses, das die Grundnote einer heiteren Melancholie vermittelte, harmonierte vorzüglich mit den von Hummel sehr feinfühlig rezitierten Texten der bedeutenden deutschsprachigen jüdischen Dichterinnen Mascha Kaléko und Else Lasker-Schüler.
Auch deren Liebes- und Großstadtlyrik haftet etwas Nachdenkliches, Schmerzvolles an. Doch gerade Kalékos Gedichte vermitteln zugleich eine befreiende Nonchalance und die Weigerung, sich an Konventionen zu halten – so, wenn sie im „Liebeslied“ oder in „Das Ende vom Lied“ mit der romantischen Vorstellung von der ewigen Liebe bricht. Text und Vortragsweise ließen das Publikum innehalten, um es mit einem Lächeln wieder freizugeben. Musiker und Schauspielerin, die in Tönisberg zum zweiten Mal gemeinsam auftraten, erzielten einen Synergieeffekt auch dadurch, dass wiederholt der Textvortrag durch eine leise musikalische Begleitung untermalt wurde, die zum nächsten Stück überleitete.
Das restlos begeisterte, von der gastgebenden Familie Furth liebevoll bewirtete Publikum forderte die Künstler zu mehrfachen Zugaben auf und dürfte den Abend in bester Erinnerung behalten.