Stadt Kempen Mühlentag lockt viele Besucher nach Tönisberg

Stadt Kempen · Der Heimatverein bot Besichtigungen an und sorgte für ein buntes Rahmenprogramm.

 Alljährlich öffnet der Heimatverein die Mühle.

Alljährlich öffnet der Heimatverein die Mühle.

Foto: norbert prümen

Sie kommen mit dem Fahrrad, schnaufen den Berg hinauf oder schieben ihr Gefährt. Viele sind auch mit dem Auto gekommen, entlang der Straße ist der Grünstreifen zugeparkt. Die Kennzeichen zeigen, dass Besucher aus dem ganzen Umland und sogar aus den Niederlanden angereist sind. In Tönisberg steht die hölzerne Kastenbockwindmühle allen Besuchern für einige Stunden offen. Seit 18 Jahren beteiligt sich der Heimatverein Tönisberg am bundesweiten Tag der offenen Mühle.

Das Tönisberger Wahrzeichen steht auf dem Mühlenberg, einer Erhöhung am ansonsten flachen Niederrhein, die einer Endmoräne aus der Eiszeit zu verdanken ist. Rund um das hoch aufragende Denkmal, das etwas klobig auf einem strebeartigen Unterbau balanciert, sind kleine Zeltunterstände errichtet worden. Der Heimatverein informiert und bietet Kaffee und Kuchen. "Ganz wichtig sind unsere Schmalzbrote und das Mühlenbrot der Tönisberger Firma Hoenen", erzählt Sonja Kaufhardt vom Heimatverein. Sie ist unterwegs und verteilt bunt glänzende Windrädchen an die jungen Besucher.

Ben Burchardt informiert über die Zukunftspläne für den Förderturm des Bergwerks Niederberg, der sich als weiteres Wahrzeichen Tönisbergs in Sichtweite befindet und gemeinsam mit der Mühle in einen Naherholungspark eingebunden werden soll. An einem weiteren Stand stellt der Verein seine jährliche Neuerscheinung, die Tönisberger Heimatblätter, vor. Außerdem gibt es hier die Eintrittskarten für die kostenlosen Mühlenführungen, die nur mit begrenzter Personenzahl durchgeführt werden können. Die erste Führung mit Helmut Thissen ist schnell ausgebucht. Die Besucher steigen die steile Außentreppe empor und gelangen in die erste Etage des Bauwerks, den so genannten Mehlboden, wie Helmut Thissen erläutert. Auf dieser Ebene wurde das weiter oben gemahlene Mehl in Säcke abgefüllt. "Mit zehn Zentimeter Abstand, damit die Katze hier hindurch konnte," erfahren die Besucher. Auffällig ist, dass hier alles aus Eichenholz gefertigt wurden, auch elektrische Anlagen fehlen gänzlich. Man befindet sich wirklich in einem hölzernen Kasten, der früher als Ganzes von der Unterkonstruktion her so gedreht wurde, dass das große segeltuchbespannte vierflüglige Rad optimal zum Wind hin ausgerichtet war. Doch das heutige Gebäude ist nur noch eine Rekonstruktion, es wurde nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg zwischen 1968 und 1973 von dem Lobbericher Mühlenbauer Johannes Voßdellen unter Verwendung von 30 Tonnen Eichenholz wieder aufgebaut. Doch schon vorher war die 1802 errichtete Mühle lange Zeit nur noch ein Denkmal. Bereits 1913 war der Mühlenbetrieb eingestellt worden, als elektrische Mühlen die Windkraft ersetzten. Eine Entwicklung, die heute wieder umgekehrt zu verlaufen scheint. Denn als die Besucher in die zweite Etage, den so genannten Steinboden emporsteigen, sehen sie nicht nur die beiden großen hölzernen Räder, die die Mahlsteine in Bewegung setzten. Durch das Fenster blicken sie in Richtung Hüls und auf die vielen zeitgenössischen Nachfolger der alten Windmühle: die großen Windkraftanlagen, die heute das Landschaftsbild am Niederrhein prägen. Und als Thissen das zweite Fenster auf dieser Ebene öffnet, setzt sofort ein heftiger Durchzug ein. Windkraft eben.

(evs)
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