Stadt Kempen Mit dem Krühsteert den Wind einfangen

Stadt Kempen · Ein Stück Geschichte hautnah erleben, das konnten die Besucher am Mühlentag. Auch die Kastenbockwindmühle aus dem Jahr 1802 in Tönisberg öffnete ihre Tür und gab so manch historisches Geheimnis preis.

 Ben Burchardt (r.), zweiter Vorsitzender des Heimatvereins Tönisberg, erläuterte den Besuchern den Mahlvorgang, der noch bis 1913 in der Kastenbockwindmühle ablief.

Ben Burchardt (r.), zweiter Vorsitzender des Heimatvereins Tönisberg, erläuterte den Besuchern den Mahlvorgang, der noch bis 1913 in der Kastenbockwindmühle ablief.

Foto: Wolfgang Kaiser

"Das waren 25 Stufen", informiert Leon seine Eltern. Während Inge und Conrad Schmitz gerne einen Moment die Aussicht genießen möchten, die sich von der auf dem Tönisvorster Mühlenberg stehenden Kastenbockwindmühle bietet, zieht es den siebenjährigen Sohn bereits ins Innere. Gewaltige Zahnräder und der Mühlstein sowie weitere nach oben führende Stufen empfangen die Besucher, die durch die Holztür eintreten. Von oben ist die Stimme von Ben Burchardt, dem zweiten Vorsitzenden des Heimatvereins Tönisberg, zu hören. Er hat gerade eine der Mühlenführungen gestartet.

"Der Getreidesack wurde hier mit einem Enterhaken hochgezogen und in den Trichter gefüllt", erklärt Burchardt und deutet vom Fenster hinüber zum Holztrichter. Stück für Stück informiert er dabei, wie der eigentliche Mahlvorgang noch bis 1913 lief. Denn bis zu diesem Jahr war die Kastenbockwindmühle aus dem Jahr 1802 noch in Betrieb. Heute könnte allerdings nicht mehr gemahlen werden, denn als die Mühle Anfang der 1970er Jahre wieder neu errichtet wurde, fehlten viele Teile, die für den eigentlichen Mühlvorgang vonnöten gewesen werden und sie wurden auch nicht rekonstruiert.

"Würde man die Mühle wieder in Betrieb nehmen wollen, so kämen Kosten von rund 200 000 Euro auf uns zu", berichtet Peter Raulf, der erste Vorsitzende des Heimatvereins Tönisberg. Burchardt erzählt inzwischen eindrucksvoll vom Krühsteert, mit dem die Kastenbockwindmühle früher in den Wind gedreht wurde. Dass die gesamte Mühle drehbar war, kann sich der ein oder andere Besucher kaum vorstellen. Die wechselvolle Geschichte der Mühle, die im Zweiten Weltkrieg als Luftbeobachtungsstand diente und schwere Schäden durch einen Granattreffer davon trug, fasziniert die Besucher. Auf die Frage, ob es auch einen Mühlengeist gibt, muss Raulf aber den Kopf schütteln.

Davon ist ihm nichts bekannt, aber dafür gibt es die Schwarze Marie, die einst auf der benachbarten hochherrschaftlichen Anlage Dellmannshof gelebt hat. "Das war eine Frau mit einem wilden Leben. Sie soll in den Nächten umhergehen, genau wie das Ungeheuer mit dem Hundskopf, das hier einst sein Unwesen getrieben hat", erzählt Raulf. Während die einen die steile Mühlentreppe mit ihren offenen Holzstufen hinaufklettern, zieht es die anderem zum Stand des Heimatvereins. Die neue Ausgabe des Tönisberger Heimatblattes lockt. Knapp 80 Seiten umfasst die nunmehr 15. Ausgabe, die für fünf Euro erworben werden kann.

Am Stand laufen auch die Gespräche um die Renovierung der Mühle. Das Dach ist es vor allen Dingen, das Sorgen macht. "Es hat bereits hereingeregnet", sagt Raulf. Dabei deutet er nach oben, wo über den Schindeln des Daches eine Plastikfolie angebracht worden ist, um provisorisch erst einmal weitere Regengüsse abzuhalten.

Die Balustrade bedarf ebenfalls einer Erneuerung und die Spaltöffnung im Mühlenboden bereitet ebenfalls Sorgen. "Hier hat die Stadt Klötzchen in den Boden eingebracht, um festzustellen, wie stark der Boden arbeitet und sich der Spalt dementsprechend ausdehnt", informiert Raulf.

(tref)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort