Grefrath Mircos Eltern: Der Glaube trägt uns

Grefrath · Die Eltern des ermordeten zehnjährigen Mirco aus Grefrath haben sich zum ersten Mal in der Öffentlichkeit geäußert. Einer Mitarbeiterin des Bundes Freikirchlicher Pfingstgemeinden, dem sie angehören, erzählten sie, wie sie die vergangenen fünf Monate erlebt haben.

Chronologie: Der Fall Mirco
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Foto: Günter Jungmann

Ein frisch gebackener Kuchen stand im Hause von Mircos Familie in den Tagen nach dem Verschwinden des Zehnjährigen immer auf dem Tisch. "Damit auch Gebackenes da ist, wenn der Mirco wieder nach Hause kommt. Das war uns irgendwie sehr wichtig", erzählt Mircos Mutter Sandra Schlitter der Online-Ausgabe von "Geistbewegt", einem Informationsdienst des Bundes Freikirchlicher Pfingstgemeinden. Einer in Krefeld ansässigen Gemeinde dieses Bundes gehört Mircos Familie an. Der Glaube an Gott sei es gewesen, der sie in den vergangenen fünf Monaten des Zweifelns und Hoffens getragen habe, sagen die Eltern.

Erstmals sprechen sie über die Zeit nach dem 3. September, dem Tag, an dem Mirco spurlos verschwand. In den ersten Tagen, die darauf folgten, wollten die Eltern das Haus gar nicht mehr verlassen. Sie hatten Sorge, einen wichtigen Anruf oder eine Nachricht zu verpassen. Aus Tagen des Wartens wurden Wochen und schließlich Monate.

"Die M-Tage, M für Mirco"

Einen Monat lang traf sich die Familie zuhause jeden Abend mit Freunden zum Gebet. Unterstützt wurde sie von ihrer Gemeinde, der Freien Christengemeinde Krefeld. "Wir beteten zu Gott für Mirco und auch für den Menschen, der sein Verschwinden zu verantworten hat", berichten die Eltern. Später gab es die Gebetsabende in Mircos Elternhaus montags und mittwochs: "Die M-Tage, M für Mirco", sagt Mircos Mutter.

Die Menschen hätten der Familie viel Anteilnahme zukommen lassen, sagt die Mutter. Viele Briefe erreichten Mircos Familie, zudem Anrufe und Mails, unter anderem aus den USA, Afrika und Irland. Zu einem älteren Herren aus einem Seniorenheim, der sehr lieb geschrieben habe, habe sich eine Brieffreundschaft entwickelt. Gott, so sagen die Eltern, habe sie immer wieder getröstet. "Und auch wir durften andere ermutigen. Das hat viele erstaunt, und so hatten wir viele, gute Gespräche über die Hoffnung, die wir durch unseren Glauben an Jesus Christus haben."

"Die hatten Tränen in den Augen",

Selbst hart gesottene Ermittler der Sonderkommission Mirco beeindruckte die Familie. "Die Familie ruht in ihrem Glauben, sie findet darin Trost. Das ist bewundernswert. Die haben sogar uns noch Mut gemacht", sagt Polizei-Sprecher Willy Theveßen. Er erinnert sich an den Nikolaustag, als Sandra Schlitter mit den Kindern Alexander (13), Julia (12) und Judith (9) die Soko in Viersen besuchte. Sie gaben Schoko-Nikoläuse für die Ermittler ab. Von den Kindern gebastelte Tannenbäume seien auf den Tellern gewesen. "Da sind einige Kollegen rausgegangen, die hatten Tränen in den Augen", sagt Theveßen.

Zum Jahreswechsel schrieben die Eltern eine Postkarte an die Soko. Polizei-Sprecher Willy Theveßen erinnert sich: Auf dem Farbfoto sei ein aus Steinen gestapelter Turm zu sehen gewesen, der auf einem Stück Treibholz am Strand stand, und der Spruch: "Damit das Mögliche entsteht, müssen wir immer wieder das Unmögliche wagen." Die Familie schrieb dazu an die Soko: "Wir wünschen Euch viel Erfolg und Ausdauer, Gottes Segen und Gelingen für das Jahr 2011. Danke, dass auch Ihr immer wieder das Unmögliche wagt, um unseren Mirco zu finden. Seid gegrüßt und ermutigt, in Gedanken sind wir bei Ihnen."

Fassung und Erleichterung

Für die Arbeit der Polizei findet die Familie nur lobende Worte. "Die Soko Mirco hat sich so intensiv um Aufklärung bemüht, dass wir oftmals nur staunen konnten." Auch der Präses des Bundes Freikirchlicher Pfingstgemeinden, Roman Siewert, ein Vertrauter der Familie, der heute Abend in Grefrath im Gedenkgottesdienst für Mirco die Predigt halten wird, sagt, die Betreuung der Eltern durch die Polizei sei die gesamte Zeit über "hervorragend" gewesen. Die Eltern konnten rund um die Uhr Soko-Chef Ingo Thiel erreichen, ebenso seinen Stellvertreter Mario Eckartz sowie die Opferschützer, die sie betreuten.

Als die Familie am 26. Januar endlich erfuhr, dass Mirco tot und sein Mörder gefasst sei, habe sie mit Fassung und Erleichterung reagiert, heißt es im Beitrag der Kirchenzeitung. Den Täter nennen die Eltern darin "einen belasteten Menschen, der nicht wusste, wohin mit seiner Last".

(RP)
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