Gemeinde Grefrath Milchbauern fürchten um ihre Existenz

Gemeinde Grefrath · Kreislandwirt Christian Küskens schätzt, dass sich der Abwärtstrend bei den Preisen fortsetzt. Die Discounter diktieren den Molkereien ständig niedrige Preise. Die Bauern bräuchten aber zehn Cent mehr pro Liter.

 Auch der Grefrather Ortslandwirt Christoph Tenhaef hat derzeit mit dem Milchpreis zu kämpfen. Seine 154 Milchkühe geben pro Tag etwa 4400 Liter Milch. Ohne Zuschläge bekommt Tenhaef derzeit 23,5 Cent je Liter.

Auch der Grefrather Ortslandwirt Christoph Tenhaef hat derzeit mit dem Milchpreis zu kämpfen. Seine 154 Milchkühe geben pro Tag etwa 4400 Liter Milch. Ohne Zuschläge bekommt Tenhaef derzeit 23,5 Cent je Liter.

Foto: Kaiser

Von einer der größten Krisen spricht Christian Küskens. Der Kreislandwirt aus Niederkrüchten meint den weiter im Sinkflug befindlichen Milchpreis, der in bestimmten deutschen Regionen sogar auf 17 Cent pro Liter gefallen ist. An diese Untergrenze ist man am Niederrhein noch nicht angelangt, aber wo geht der Weg hin? Küskens, dessen 70 Kühe täglich etwa 1600 Liter Milch geben, sagt: "Mit allen Zuschlägen bekomme ich derzeit von der Molkerei etwas mehr als 26 Cent. Dies sind aber noch die April-Preise, in etwa zwei bis drei Wochen kommen die Mai-Preise und dann wird sich wahrscheinlich der Abwärtstrend fortsetzen."

30 Cent braucht Küskens, um in seinem Betrieb eine "schwarze Null" zu schreiben, zumal seine Futterkosten schon allein bei einem Anteil von 13 Cent pro Liter Milch liegen. Der Niederkrüchtener weiß sehr wohl, dass derzeit viel zu viel Milch produziert wird, glaubt aber nicht, das Mengenbegrenzungen das Allheilmittel sind. "Schon 2008 und 2009 hatte es eine Quotierung und damals schon viel zu niedrige Preise gegeben", sagt der Sprecher der Landwirte im Kreis Viersen.

Der Markt müsse sich selbst reinigen, wobei Küskens davon ausgeht, dass bald wieder mehr Milch nach China exportiert werden könne. Ob sich der Markt in Richtung Russland verbessert, glaubt der Kreis-Landwirt indes nicht. Der Rubel sei derzeit zu stark unter Druck, Geld daher nicht genügend vorhanden, um zum Beispiel große Sortimente von Milch oder Käse zu ordern: "Früher haben die Russen für jedes Kilo Käse etwa zehn Liter Milch abgenommen." Und in Richtung Discounter, die den Liter Milch bereits für unter 50 Cent verkaufen, kritisiert der Landwirt: "Der Handel verlangt immer mehr Qualität, bessere Standards und eine Nachhaltigkeit, ohne dass dafür der Preis angehoben wird, das passt überhaupt nicht."

Ähnlich sieht dies der Grefrather Milchbauer Christoph Tenhaef, Vorsitzender der Ortsbauernschaft Grefrath und Ortslandwirt. Seine 154 Milchkühe produzieren am Tag etwa 4400 Liter. Ohne Zuschläge bekommt er derzeit 23,5 Cent für den Liter. Tenhaef: "Noch lebe ich von der Substanz. Um kostendeckend zu arbeiten, bräuchte ich etwa zehn Cent mehr." Die Entwicklung sei katastrophal. Die Kosten seien nahezu nicht mehr zu reduzieren, denn die bisherige Qualität seiner Milch will er auf jeden Fall halten. Der Grefrather ist alles andere als optimistisch: "Wir können diese Preise vielleicht noch ein Jahr aushalten, dann werde ich den Betrieb in der bisherigen Form nicht mehr so weiter führen können."

"Die Entwicklung ist für uns hochgradig unbefriedigend und wird, wenn das so weitergeht, Existenzen der reinen Milchbauern zerstören, klagt Martin Dahmen vom Großklaushof in Vorst. Seine 200 Milchkühe geben am Tag rund 5000 Liter. Auch bei ihm liegt der derzeitige Abnahmepreis ohne etwaige Qualitätszuschläge bei 23 Cent. Dahmen greift weniger die Molkereien ("Die werden schließlich gezwungen, so niedrig zu verkaufen") als vielmehr die Discounter an.

Völlig unverständlich und eine "reine Willkür" sei für ihn, dass kürzlich der Literpreis in den Discountläden um etwa zehn Cent gesenkt worden sei. Erschwerend käme hinzu, dass ständig vom Handel neue, vermeintlich bessere Standards verlangt würden; Dahmen nennt ein jüngstes Beispiel: "Ohne jeden fachlichen Hintergrund wird jetzt zum Beispiel genfreier Zucker gewünscht." Seine derzeitige Überlebensstrategie bestehe darin, selbst mit den Gewinnen von seinem Ackerbau das defizitäre Milchgeschäft zu subventionieren." Andere Bauern, die ausnahmslos Milchwirtschaft betreiben, könnten dies nicht: "Bei denen geht es um die nackte Existenz."

"Besorgniserregend" beurteilt Hans-Joachim Stauten die aktuelle Situation. Für ihn arbeiten auf dem Hof im Hagwinkel in Anrath etwa 300 Milchküche, sie produzieren am Tag zwischen 7500 und 8000 Liter. Da er die gleiche Molkerei wie Martin Dahmen beliefert, erhält auch er derzeit Netto-Preise von etwa 23 Cent. Stauten kritisiert, "dass die Discounter die derzeitige Überproduktion gnadenlos ausnutzen". Der Anrather Landwirt gibt die Hoffnung aber nicht auf, dass langfristig wieder mehr Milch ins Ausland exportiert wird und dann bessere Preise auf dem Markt erzielt werden können.

(wsc)
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