Stadtrundgang Schwestern für die Bildung

Kempen · Auf besonderen Spuren sind Kunsthistorikerin Angela Klein-Kohlhaas und die Kempener Gleichstellungsbeauftragte Ute Ripkens unterwegs. Sie bieten die kulturhistorische Stadtführung „Frauen in Kempen“ an.

 Angela Klein-Kohlhaas, Kunsthistorikerin aus Dülken, erzählte zu vielen historischen Gegebenheiten, die vor allem Frauen aus Kempen betrafen, kurzweilige Geschichten.

Angela Klein-Kohlhaas, Kunsthistorikerin aus Dülken, erzählte zu vielen historischen Gegebenheiten, die vor allem Frauen aus Kempen betrafen, kurzweilige Geschichten.

Foto: Norbert Prümen

„Das Gebäude kannte ich auch noch“, melden sich gleich mehrere Frauen aus der Gruppe, die sich um Angela Klein-Kohlhaas versammelt haben. Die Kunsthistorikerin hat gerade die 1866 gebaute Höhere Mädchenschule beschrieben, die, gegründet von den Ursulinen, am Kempener Krankenhaus stand und 1988 abgerissen wurde. Dass es einst gerade Schwestern waren, die sich für die Schul- und Ausbildung von Mädchen einsetzten und in Kempen Bildungseinrichtungen ins Leben riefen, kann Klein-Kohlhaas mit mehreren Frauennamen belegen. Schwester Hilaria, mit bürgerlichem Name Luise von Duesberg, war genauso im Einsatz wie Schwester Maria Beatrix, mit ursprünglichem Namen Maria Schulz, vom Orden Unserer lieben Frau.

Klein-Kohlhaas schlägt mit dem Blick zur Thomasstraße, wo das Gebäude mit der großflächigen Wandmalerei einst das Lyzeum beherbergte, ein Buch auf, das Bilder der beiden Ordensschwestern zeigt. „Schwester Maria Beatrice sah aber streng aus“, kommentiert Birgit Schölzel, was allgemeine Zustimmung auslöst. Aber nicht nur diese Frauen stehen im Mittelpunkt einer ganz besonderen Tour durch Kempen. Die Kempener Gleichstellungsbeauftragte Ute Ripkens hat zur kulturhistorischen Stadtführung „Frauen in Kempen“ eingeladen, die Klein-Kohlhaas mit Leben füllt.

Dass Kempen viele bedeutende Frauen hatte, zeigt allein das Frauenviertel mit Namen wie Maria-Basels- oder Minna-Meckel-Straße. Wer diese Frauen waren, stellt Klein-Kohlhaas an markanten Punkten in der Thomasstadt vor. Vor dem Kuhtor gibt es so den nächsten Stopp. Die Kunsthistorikerin deutet auf die Madonnenfigur, die in einer Nische am Torbogen steht. „Sie ist unter dem Namen Kuhtor-Madonna bekannt, wobei das Original aus der Mitte des 15. Jahrhunderts in der Paterskirche steht. Für uns ist diese Stelle die Gelegenheit, einmal auf die kirchlichen Vereine zu blicken“, sagt sie. Da gab es den 1837 von Anna Maria Emans gegründeten katholischen Frauen- und Jungfrauenverein. Der wurde 1907 aufgelöst und in Form des St.-Elisabeth-Vereins weitergeführt, dessen Vorsitz Wilhelmina Meckel hatte.

Josephine Foerster, die Frau des einstigen Landrats, war indes Vorstandsmitglied im katholischen Frauenverein, der Mitte des 19. Jahrhunderts am Kempener Hospital eine Arbeitsschule für arme Mädchen ins Leben rief. Handarbeiten und sittliche Erziehung standen auf dem Stundenplan. „Die jungen Frauen sollten nicht auf die schiefe Bahn geraten, sondern vielmehr zu guten Hausfrauen und Müttern erzogen werden“, erläutert Klein-Kohlhaas. Die Stolpersteine an der Schulstraße lassen sie einen Blick auf die jüdischen Frauen werfen, die einst in der Thomasstadt lebten. Selma Bruch gehörte dazu. Sie wurde am 10. Dezember 1941 zusammen mit dem größten Teil ihrer Familie nach Riga deportiert. „Ihr Mann starb an Typhus. Sie selber schloss sich einem Kindertransport an, in dem ihre Tochter war. Die beiden wurden im November 1943 ermordet“, berichtet Klein-Kohlhaas.

Die Schulstraße hat aber eine Geschichte, die noch viel weiter zurückgeht und die sich besonders an einer Stelle widerspiegelt. In der Mitte der Schulstraße ist ein merkwürdiges Zeichen in der Fachwerkwand eines Hauses zu sehen. Drei Backsteine stehen aufgerichtet da, wobei die beiden äußeren leicht angekippt sind. Darüber befindet sich ein quer eingesetzter Stein. Es schließt sich das untere Symbol spiegelverkehrt an. Eine Erklärung für das Zeichen hat keine der 18 Frauen aus der Gruppe. Klein-Kohlhaas weiß die Lösung: Es handelt sich um einen Hexenbesen. Ein Schutzzeichen, das in das Haus aus dem Jahr 1600 eingearbeitet wurde, um Hexen fernzuhalten. Damit ist die Kunsthistorikerin auch schon mitten im nächsten Thema. Es geht um Hexen. In Kempen liegen Aufzeichnungen vor, die belegen, dass in der Thomasstadt Ende des 16. Jahrhundert zwei Frauen aufgrund der Anklage der Hexerei hingerichtet wurden. Katharina Hogh und Beel This fanden so den Tod. Frauen in der Lokalpolitik, im Gesundheitswesen, in der Bildung – Kempen hat zahlreiche weibliche Persönlichkeiten, die dank Klein-Kohlhaas in Erscheinung treten.

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