Taschendiebe in Kempen unterwegs Diebe haben es auf Senioren abgesehen

Kempen/Viersen · Gezielt nehmen Betrüger und Taschendiebe Senioren ins Visier. Speziell in der Vorweihnachtszeit sind die Täter wieder aktiv. In Kempen gab es bereits einige Taschendiebstähle. Wie die Polizei jetzt die Senioren besser schützen will.

 „Es ist keine Schande, wenn man auf die professionellen Kriminellen hereingefallen ist“, betont Kriminaloberkommissarin Britta Färvers.

„Es ist keine Schande, wenn man auf die professionellen Kriminellen hereingefallen ist“, betont Kriminaloberkommissarin Britta Färvers.

Foto: Polizei

Ob Taschendiebstahl, Betrug oder Straßenkriminalität – Senioren sind die idealen Opfer. Vertrauensseliger als Jüngere, langsamer, bisweilen mit eingeschränkten kognitiven Fähigkeiten. Deshalb lieben Kriminelle Omas und Opas. „Senioren werden gezielt als Opfer ausgesucht bei Straftaten wie zum Beispiel Trickbetrug und Trickdiebstahl sowie bei Taschendiebstählen. Auch bei Delikten wie Handtaschenraub sind häufig Seniorinnen Opfer“, bestätigt Britta Färvers. Die Polizeioberkommissarin arbeitet in der Kriminalprävention der Kreispolizeibehörde.

Gerade in der Vorweihnachtszeit sind die Taschendiebe aktiv – Corona zum Trotz. Das zeigen die Meldungen der Polizei, auch aus der Kempener Innenstadt. Opfer sind häufig Senioren, die ihre Geldbörsen achtlos auf dem Rollator deponiert haben. Aber auch vor geschlossenen Handtaschen machen die Diebe nicht halt. Meistens fällt den Opfern der Diebstahl erst später im nächsten Geschäft oder daheim in der eigenen Wohnung auf.

 In einer gestellten Szene demonstriert ein Polizeibeamter, wie schnell und trickreich Taschendiebe heutzutage vorgehen. Das Opfer merkt nicht, dass ihm die Geldbörse aus der Manteltasche gezogen wird.

In einer gestellten Szene demonstriert ein Polizeibeamter, wie schnell und trickreich Taschendiebe heutzutage vorgehen. Das Opfer merkt nicht, dass ihm die Geldbörse aus der Manteltasche gezogen wird.

Foto: Markus Plüm

Das Problem: Häufig sind mit dem Geld im Portemonnaie auch Personalpapiere oder andere wichtige Dokumente abhanden gekommen. Wohl dem, der das Glück hat, dass seine Geldbörse von den Dieben in einem Papierkorb entsorgt und dort mit den Personalpapieren und Dokumenten gefunden wird. Das Bargeld ist zwar weg, aber die in Corona-Zeiten noch aufwendigere Beschaffung eines neuen Personalausweises ist nicht nötig.

Bei Raub, Geldwechsel- und Taschendiebstählen würden die Täter gezielt potenzielle Opfer beobachten, berichtet Polizeiexpertin Britta Färvers. „Ist das Opfer alt? Gebrechlich? Steht die Handtasche offen?“ Gut für die Täter: Senioren zahlen seltener mit EC-Karte, haben oft viel Bargeld dabei.

Zwei Entwicklungen gebe es bei den Taschendiebstählen, berichtet Oberkommissarin Färvers: Nach einem Rückgang der Fälle sei die Zahl der Diebstähle kreisweit im vergangenen Jahr merklich angestiegen – um mehr als 16 Prozent. In diesem Jahr nahm die Polizei erneut deutlich mehr Anzeigen auf: 270 bis Ende September, das sind doppelt so viele wie in den Vorjahresmonaten.

Die zweite Entwicklung: Der Anteil der Senioren an den Geschädigten steigt rapide. Im vergangenen Jahr waren laut Polizei 41 Prozent der Geschädigten bei Taschendiebstählen 60 Jahre oder älter, in diesem Jahr bereits 62 Prozent.

Und auch bei Betrugsdelikten – der falsche Wasserwerker, der falsche Polizist, der falsche Enkel – nehmen die Täter gezielt Senioren ins Visier. Auch hier gab es in diesem Jahr etliche Fälle in Kempen. Und nicht immer merkten die betroffenen Senioren, dass sie betrogen werden sollten. „Bei den betrügerischen Anrufen oder Besuchen an der Haustür ist es meist eine Datenrecherche, die den Tätern geeignete Opfer signalisiert“, erklärt Britta Färvers. „Entweder generieren die Täter ihre Opfer durch Selektieren von Telefonbucheinträgen nach altmodisch klingenden Vornamen.“ Dabei benutzten die Kriminellen auch Daten, die sie legal oder illegal ankaufen, berichtet die Oberkommissarin.

Allein das Ändern des Telefonbucheintrags verspreche keinen sicheren Schutz. „Oder die Täter nutzen andere Datenquellen von Versandhäusern oder Abos, die sie sich durch illegale oder durch legale Käufe verschaffen.“ Im vergangenen Jahr waren vier von fünf Geschädigte bei Betrugsdelikten 70 Jahre oder älter – Tendenz weiter steigend. In diesem Jahr kletterte der Prozentsatz von 80 auf 82 Prozent.

Hinzu komme: Oftmals zeigen Senioren nicht bei der Polizei an, dass sie Opfer eines Betrugs geworden sind. „Es ist keine Schande, wenn man auf die professionellen Kriminellen hereingefallen ist“, betont Färvers. „Die Täter sind gut geschult und wissen, wie sie sich das Vertrauen erschleichen.“ Aber nur wenn die Polizei von einer Straftat Kenntnis erlange, könne es ihr gelingen, den professionellen Banden das Handwerk zu legen.

Was tun? „Leider ist es derzeit coronabedingt nicht möglich, unsere üblichen Beratungen in Seniorencafés durchzuführen“, bedauert Britta Färvers. Deshalb bietet die Kreispolizeibehörde jetzt als Alternative eine feste telefonische Sprechstunde an. Jeweils mittwochs in der Zeit zwischen 11 und 12 Uhr sind Mitarbeiter der Kriminalprävention der Kreispolizei unter der Rufnummer 02162 377-3136 für eine telefonische Beratung zu erreichen. Darüber hinaus stehen diese Polizeiexperten zu den üblichen Bürodienstzeiten auch zu anderen Themen und Anfragen rund um die Kriminalprävention unter der zentralen Rufnummer 02162 377-0 mit ihrem Rat telefonisch zur Verfügung.

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