Stadt Kempen Kempen strukturiert die Friedhöfe um

Stadt Kempen · Die Bestattungskultur verändert sich. Große Grabstätten werden immer weniger nachgefragt. Der Trend geht hin zu kleinen, pflegeleichten Gräbern. Für anspruchsvollere Trauerfeiern reichen die alten Friedhofskapellen nicht mehr aus.

 Ein Urnengrabfeld auf dem neuen Kempener Friedhof an der Mülhauser Straße. Solche kleinen, pflegeleichten Grabstätten sind besonders gefragt.

Ein Urnengrabfeld auf dem neuen Kempener Friedhof an der Mülhauser Straße. Solche kleinen, pflegeleichten Grabstätten sind besonders gefragt.

Foto: Kaiser

In den nächsten Tagen werden die neuen Stühle für die Friedhofskapelle angeliefert. Sie sollen ein Stückweit dazu beitragen, dass der Andachtsraum auf dem Kempener Friedhof an der Berliner Allee attraktiver wird. Die Kapelle ist in die Jahre gekommen, genügt nicht mehr den Ansprüchen moderner Bestattungskultur. Die neue Bestuhlung ist da nur ein Baustein. Ein Konzept, wie künftig die Kempener Friedhöfe gestaltet werden könnten und welche Angebote die Stadt für Bestattungen machen könnte, lässt die Stadt Kempen seit etwa einem Jahr von "PlanRat" aus Kassel, einem Planungsbüro für Landschaftsarchitektur und Städtebau, entwickeln. Diplom-Ingenieur Klaus Güß stellte das Grundkonzept jetzt im Ausschuss für Umwelt, Planung und Klimaschutz vor.

Die Anforderungen an die Friedhöfe ändern sich. Seit einigen Jahren werden mehr kleine Grabflächen für Urnen nachgefragt. Daraus ergibt sich, dass der Flächenbedarf neu berechnet werden muss. Vielfach werden veränderte Bestattungsformen nachgefragt. Auch in Kempen gibt es zwischen den Gräbern schon viele Freiflächen - dort nämlich, wo die Nutzungszeiten ausgelaufen und die Flächen nicht neu vergeben worden sind.

Das nun vorliegende Friedhofsentwicklungskonzept soll als Leitlinie für das künftige Bestattungswesen in Kempen dienen, erklärt der Technische Beigeordnete Stephan Kahl. In Kempen sind die Bestattungszahlen - im Vergleich mit anderen Kommunen in der Nachbarschaft - noch relativ gut. Bei etwa 360 Sterbefällen gab es hier im vergangenen Jahr etwa ebenso viele Beerdigungen auf den städtischen Friedhöfen. Allerdings nehmen die Belegungszahlen der Friedhofskapellen ab, weil die private Konkurrenz auch bei ihren räumlichen Angeboten deutlich aufgerüstet hat.

Ganz wichtig ist für die Stadt auch, auf ihren Friedhöfen vermehrt pflegeleichte Gräber oder solche mit kompletter Pflege anzubieten. Denn die Nachfrage danach wächst. Die pflegeleichten Grabstätten werden in den nächsten Jahren einen deutlich höheren Anteil an den Flächen haben. So geht Planer Güß von 70 Prozent aus.

Auch in Kempen ist zu beobachten, dass sich viele Angehörige für eine Urnenbestattung entscheiden. Urnengräber benötigen zum einen weniger Grabfläche als auch einen geringeren Pflegeaufwand. Das ist insgesamt kostengünstiger. Langfristig sieht das Planungsbüro deshalb weniger Platzbedarf. Das kann einen Überhang von 32 Prozent der jetzigen Fläche der Friedhöfe ergeben. Damit aber keine leeren kleinen Flächen entstehen, muss das Grünflächenamt hier gestalterisch eingreifen, empfiehlt das Büro.

Von anonymen Gräbern rät das Büro ab. Dagegen empfiehlt es, über das Angebot von muslimischen Bestattungen nachzudenken, um je nach Bedarf darauf eingehen zu können. Insgesamt solle der Friedhof aus Kernbelegungsflächen sowie freie Flächen, die möglicherweise für neue Angebote dienen können, bestehen. Bei den Kernflächen muss berücksichtigt werden, wie sich neue Grabstrukturen behutsam in Bestehendes einbinden lassen.

Auch bei der Gestaltung von Trauerfeiern haben sich die Wünsche der Hinterbliebenen geändert, wird vielfach die ganz besondere, individuelle Zeremonie erwartet. Sowohl die Kapellen als auch Kühlzellen und Aufbahrungsräume auf den städtischen Friedhöfen werden zunehmend weniger genutzt. Diese muss die Stadt aber vorhalten. Das Planungsbüro rät hier, sich mit den Bestattern auszutauschen und so Räume zu schaffen, die gemeinsam genutzt werden können. Denn zunehmend haben die Bestatter eigenen Räume für Trauerfeiern und stellen so eine Konkurrenz für dasalthergebrachte städtische Angebot dar.

Für die Stadt geht die Änderung der Angebotsstruktur einher mit neuen Gebührenberechnungen sowie einer Überarbeitung der Friedhofssatzung. Der Experte rät, die Umstrukturierung nicht auf die lange Bank zu schieben. Denn für die Friedhofsverwaltung ist bereits erkennbar, dass deutlich weniger auswärtige Verstorbene von ihren Hinterbliebenen auf einem Kempener Friedhof beerdigt werden.

Ausdrücklich weist der Planer darauf hin, dass das Friedhofskonzept nicht in Stein gemeißelt sein darf. Es müsse künftig laufend den aktuellen Entwicklungen angepasst werden. Das Konzept ist daher auf eine unter Umständen Jahrzehnte dauernde Umsetzung angelegt.

Dass die Stadt auf die geänderte Nachfrage reagiert, zeigt sich am Beispiel St. Hubert: Dort wurde die ehemals für eine Erweiterung des Friedhofs vorgehaltene Fläche umgewidmet und als Bauland an das Lazarus-Hilfswerk verkauft. Das baut dort bekanntermaßen ein neue Pflegewohnhaus mit angeschlossener Tagespflege.

(sr)
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