In Kempen Die Frau, die 5000 Paare getraut hat

Kempen · Renate Schmitz-Trienekens hat in ihren fast 30 Jahren als Leiterin des Standesamts in Kempen rund 5000 Paare getraut, tausende Geburten und Sterbefälle beurkundet. Nun möchte sie mehr Zeit mit ihrer Familie verbringen.

 Renate Schmitz-Trienekens im Trauzimmer des Kempener Standesamts.   Foto: N. Prümen

Renate Schmitz-Trienekens im Trauzimmer des Kempener Standesamts. Foto: N. Prümen

Foto: Norbert Prümen

Ihr Beruf war ihr eine Herzensangelegenheit. Nach fast 30 Jahren als Leiterin des Standesamtes der Stadt Kempen wechselt Renate Schmitz-Trienekens Anfang Dezember in die Ruhephase der Altersteilzeit. Am 1. April 1991 hatte sie nach verschiedenen anderen Stationen in der Stadtverwaltung die Leitung des Standesamts übernommen, parallel mit dem Umzug des Amts vom Rathaus in das historische Gebäude Neustraße 32, das direkt am Buttermarkt gelegen ist.

„Dem damaligen Bürgermeister war wohl der Hochzeitstrubel neben seinem Amtszimmer etwas zu viel geworden“, erinnert sie sich schmunzelnd. Seitdem hat sie rund 5000 Paare getraut, tausende Geburten und Sterbefälle beurkundet. Ein Beruf also an allen markanten Wegpunkten menschlichen Lebens. „Und der schönste Job bei der Stadt“, sagt Renate Schmitz-Trienekens mit Überzeugung.

Gerade hat sie ein Paar getraut, das sich zum zweiten Mal das Ja-Wort gegeben hat – in gleicher Konstellation wohlgemerkt. „So etwas kommt auch immer mal wieder vor“, sagt sie. Sie erinnert sich an besondere Paare, etwa an ein sehr verliebtes, charmantes Paar jenseits der 80. Und an die rosafarbene Pyrotechnik, die bei der Hochzeit eines Paares vor kurzem das gesamte Standesamt verräucherte – einschließlich Polizei- und Feuerwehreinsatz. Doch Renate Schmitz-Trienekens genießt die Hochstimmung dieses Tages immer wieder: „Gerade an den Freitagen trägt mich das in das Wochenende hinein.“

Die 60-Jährige mit dem feschen Kurzhaarschnitt strahlt Ruhe, Autorität und Humor aus. Ihr Beruf führt sie mit Menschen verschiedenster Herkunft aus allen gesellschaftlichen Schichten zusammen. Da sind Einfühlungsvermögen und Empathie besonders wichtig.

Im Trauzimmer an der Neustraße, das mit historischen Möbeln aus dem Kramer-Museum eingerichtet ist, sitzt sie hinter einem schweren, respektablen Holztisch. Sie versucht immer möglichst individuell auf das jeweilige Brautpaar einzugehen, soweit ihr die entsprechenden Informationen vorliegen. „Das macht viel Arbeit, aber auch viel Spaß“, sagt sie.

Sie habe schon den Anspruch, dass es für die Brautleute ein besonderer Tag werde. Denn im Gegensatz zu früher folgt heute oftmals keine spätere kirchliche Trauung mehr. Dann erscheinen die Paare im Standesamt in großer Robe und mit vielen Gästen. „Aber hier haben auch schon Motorradfans in ihrer Kluft geheiratet. Als Lied haben sie ,Highway to hell’ eingespielt“, erzählt sie. Die Toleranz im Standesamt sei hierbei groß. Oftmals hätten sich die Brautleute später bei ihr noch einmal für ihre Mühe bedankt. „Die Karten habe ich alle gesammelt“, erzählt sie.

In ihrem Beruf war sie immer nah am Puls der Zeit, hat viele gesellschaftliche und technische Entwicklungen hautnah miterlebt. „Wir waren 2009 das erste Standesamt Deutschlands, das ein elektronisches Geburtenregister eingeführt hat“, erinnert sie sich. Und daran, dass zuvor alle Urkunden per Schreibmaschine ausgefüllt wurden. „Die mussten fehlerfrei sein, sonst konnte man nochmal neu anfangen“, sagt sie.

Seit 1998 gibt es ein neues vereinfachtes Verfahren der Vaterschafts­anerkennung, das dem Umstand Rechnung trägt, dass immer mehr Paare zum Zeitpunkt der Geburt ihres Kindes nicht verheiratet sind oder in Patchworkfamilien zusammenleben. 2001 gab es für gleichgeschlechtliche Paare erstmals die Möglichkeit, ihre Verbindung als eingetragene Lebenspartnerschaft beurkunden zu lassen. Für einige im damals noch recht konservativen Kempen sei das gewöhnungsbedürftig gewesen, erinnert sie sich. Seit 2017 gibt es die „Ehe für alle“. Sie ist mittlerweile gesellschaftliche Normalität geworden ist.

Jetzt ist also der Ruhestand angesagt. „Mit einem lachenden und einem weinenden Auge“ schaue sie dem entgegen, sagt Schmitz-Trienekens, obwohl es da gerade in ihren Augen verdächtig glitzert. Ihr Mann, mit dem sie in Wankum lebt, freue sich sehnsüchtig darauf – und auch die beiden Enkelkinder, mit denen sie nun mehr Zeit verbringen will.

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