Kempen Ein Pinguin erzählt aus seinem Leben

Kempen · Der Puppenspieler Lutz Großmann bietet mit seinem Ein-Mann-Stück Kindern „Geschichten gegen die Angst“.

 Lutz Großmann und seine Geschichten gegen Angst fanden bei den kleinen und großen Zuschauer viel Aufmerksamkeit.

Lutz Großmann und seine Geschichten gegen Angst fanden bei den kleinen und großen Zuschauer viel Aufmerksamkeit.

Foto: Norbert Prümen

Ein einsamer kleiner Pinguin steht auf einem alten Klavierhocker, auf der anderen Seite der Bühne befindet sich eine hellgrün angestrichene Kommode, die mit ihren Schubladen zur Wand steht. Der Rokokosaal im Kempener Kulturforum Franziskanerkloster hatte sich in ein kleines Theater verwandelt.

Die Sitzgelegenheiten für die Kinder gleich am Bühnenrand sind gut gefüllt; in den Stuhlreihen dahinter halten sich anteilsmäßig Eltern bzw. Großeltern die Waage. Gespannt wartet man auf Lutz Großmann und sein Ein-Mann-Stück „Geschichten gegen die Angst“.

Ganz still wird es, als das Licht im halb verdunkelten Raum gelöscht wird und die Melodie „Geh’ aus mein Herz und suche Freud’“ gepfiffen wird. Der Puppenspieler geht nach vorne, setzt sich auf den Hocker und nimmt den Pinguin auf den Schoß.

„Seid ihr bereit für Geschichten gegen die Angst?“ fragt Großmann nach der Begrüßung. Ein kräftiges „Ja“ ermuntert ihn, die Kommode nach vorne zu schleppen, denn in den Schubladen stecken die Geschichten. „Wollt ihr reinschauen?“ Natürlich erhält er wieder ein entschiedenes „Ja“. „Ihr seid aber mutig!“

Aus einer Schublade holt er einen kleinen Karton, öffnet ihn und man sieht ein Püppchen im Bett. Die Geschichte, die sich daraus entwickelt, ist das endlose „Theater“ um Kinder, die nicht einschlafen können oder wollen. Die Puppe in der Schachtel hat Angst vor der Dunkelheit und alle Tricks der Eltern helfen nicht, sie zum Schlafen zu bringen.

Da kommt ein Onkel, ein „Wunderling“ aus dem Erzgebirge ins Spiel, der die Familie besucht und den hölzernen Pinguin mitbringt. Großmann schlüpft nun in die Rolle als Schauspieler und lässt den Onkel lebendig werden. Der zieht eine Kladde hervor und malt mit dicken Filzstiftstrichen Wichtiges zu der Geschichte, die er sowie der Pinguin dem Kind erzählen.

Fantasievoll, poetisch, aber auch mit einer dicken Portion Naturkunde und Ökologie wird kindgerecht erzählt, weshalb alle Lebewesen auch eine nächtliche Ruhephase brauchen und welche schlechten Auswirkungen 24 Stunden Sonnenschein haben.

Und einer seiner Vorfahren, erzählt der Pinguin, trat mit seinem Frack und guten Manieren vor die Schöpfung und bat um ein Einsehen, dass auch die Nacht gebraucht würde. Natürlich endet das Nicht-Schlafen-Können bald nach dem guten Ende dieser Geschichte.

In der nächsten Geschichte spielen unsichtbare Plagegeister, die aus der Schublade gleich auf eine Dachrinne entfleuchen, die Hauptrollen. Sie umschwirren Hasenkinder auf dem Weg zur Grundschule und reden ihnen beispielsweise ein: „Ich bin nix, ich kann nix, ich werd’ nix“ oder „Keiner mag mich, alle lachen über mich!“

Dieses Einreden der Flüstergeister – moderner: das Mobbing – ist effektiv und die Hasenkinder sind erst einmal verunsichert und die Sprüche wirken. Aber auch für diese Situation erhalten die Figuren wie die zuschauenden Kinder Lösungen. Großmann leitet dies so einfühlsam an, dass die kleinen Zuschauer mit viel Gelächter diese Geister vertreiben.

Als dritte Geschichte thematisiert er das Familiendrama um Scheidungskinder – aufgehängt an Frau Bär, Herrn Hirsch und ihre Kinder Bärhirsch und Hirschbär. Kreativ umgesetzt, nun in der Rolle einer weisen Eule mit einer dicken Brille, moderiert er kindgemäß die Probleme und findet selbstverständlich eine Lösung, mit der alle Tiere zufrieden sind.

Seine Geschichten kommen gut an. Theresa (5) sagt: „Alles hat mir gefallen!“ Ihre große Schwester Mathilde (8) erklärt: „Ich habe keine Flüstergeister.“ Friederike Lübbenjans, die Großmutter der beiden Mädchen, meint: „Ich fand das sehr aufschlussreich für die Kinder und ich glaube, in einigen Dingen konnten sich die Kinder wiederfinden.“

Für Lutz Großmann, der zeitgenössische Puppenspielkunst an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ in Berlin studiert hat, ist es bei der Umsetzung der literarischen Vorlage dieses Stückes, dem Buch „Geschichten für die Kinderseele“ der Therapeutin und Autorin Linde von Keyserlingk, ein Anliegen, seinem jungen Publikum neben Unterhaltung auch Anregungen zu bieten. „Mir ist wichtig, dass die Geschichte die Kinder nährt“, sagt er.

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