Weihnachten 2018 Ohne Licht sieht das Auge nichts

KEMPEN · Dank der Fortschritte in der Medizin können Sehstörungen in vielen Fällen behoben werden. Gespräch mit einer Augenärztin.

 Augenärztin Eva Navarro hat auch beruflich viel mit Licht zu tun.

Augenärztin Eva Navarro hat auch beruflich viel mit Licht zu tun.

Foto: Wolfgang Kaiser

Der Mensch ist ein Augenwesen. Der Sehsinn liefert rund 80 Prozent aller Informationen aus der Umwelt, die dann im Gehirn verarbeitet werden. Menschen können nicht sofort sehen – jedenfalls nicht sehr gut. Neugeborenen ist es noch nicht möglich, ihre Umgebung bewusst zu fixieren. Das von Lichtreizen geflutete Auge braucht Routine – erst wenn viele Dinge bereits bekannt sind, stellt sich das Sehen ein, das uns zu einer Alltäglichkeit geworden ist. „Von den Sinnesorganen ist das Augenlicht das Wichtigste“, sagt Eva Navarro (38). Die junge Augenärztin führt gemeinsam mit ihrem Kollegen Dr. Detlef Holzwig die Augenarztpraxis an der Ellenstraße in Kempen.

Doch der Begriff „Augenlicht“ enthält es bereits: Sehen geht nur mithilfe von Licht. Die Augen sind das Fenster des menschlichen Körpers. Licht muss von außen ungehindert durch das gesamte Auge bis zur Netzhaut gelangen und dort Nervenzellen erregen. Der Mensch kann etwa 150 Farbtöne aus dem Spektrum des sichtbaren Lichtes unterscheiden und zu unzähligen Farbempfindungen kombinieren. Sie wandeln die Bilder in elektrische Impulse.

Das eigentliche Bild von unserer Umwelt entsteht dann im Gehirn. Entsprechend wächst die Unsicherheit des Menschen in dunkler Umgebung. Und die Angst vor der immer währenden Dunkelheit, der Blindheit, ist bei den Patienten von Eva Navarro erfahrungsgemäß sehr groß.

Die Medizinerin unterscheidet zwischen schleichenden und akuten Erkrankungen, die zum Verlust des Augenlichts führen können. „Sehr zügig muss etwa im Fall einer akuten Netzhautablösung oder bei einem Gefäßverschluss am Auge gehandelt werden. Beide werden als schmerzlose plötzlich eintretende Sehverschlechterung wahrgenommen“, erläutert die Medizinerin. Mindestens so dramatisch und mit heftigen Schmerzen verbunden sei das Glaukom, ein Anfall von Grünem Star. Der Grüne Star ist an sich eine schleichende Erkrankung, die zu einer zunehmenden Gesichtsfeldeinengung führt. Bei einem Glaukom-Anfall entsteht jedoch durch eine akute Abflussstörung im Auge ein stark erhöhter Augeninnendruck. „Da kann der Sehnerv innerhalb von Stunden so geschädigt sein, dass das Auge blind ist“, erläutert Eva Navarro. Und blind bleibt: „Das ist nicht reversibel“, fügt sie hinzu.

Doch die Medizin kann auch Augenlicht retten. Geradezu eine alltägliche Routineoperation ist heute der Einsatz einer Kunstlinse aus Acryl oder Silikon bei Grauem Star geworden. „Die Operation wird ambulant durchgeführt, wobei die reine OP-Zeit nur eine Viertelstunde beträgt“, erzählt die Ärztin. Mehr als 1000 Operationen dieser Art führt sie gemeinsam mit ihrem Kollegen Holzwig jährlich Im Lukas-Krankenhaus in Neuss durch. Dabei handelt es sich – im Gegensatz zum gefährlichen Grünen Star – „nur“ um eine altersbedingte Trübung der Linse. „Das gehört zu dem Schönsten in meinem Beruf, wenn ich Jemanden mitteilen kann, dass seine Sehprobleme behandelt werden können“, sagt Eva Navarro. Der schnelle Erfolg bei der Linsenerneuerung sei „sehr befriedigend“. „Viele Menschen konnten sich nicht vorstellen, wieder so gut sehen zu können“, sagt sie. Andererseits sei auch insgesamt „die Erwartungshaltung der Patienten sehr gestiegen“. Ein weiteres  erfolgreiches Behandlungsfeld bietet sich bei der so genannten „feuchten Makula-Degeneration“. Dabei handelt es sich um Alterungsprozesse der Netzhaut, die mithilfe von regelmäßigen Injektionen in das Auge deutlich verlangsamt werden können. Etwa 1000 solcher Injektionen führt die Ärztin jährlich im Krankenhaus durch. Aber das Licht spielt auch bei der augenärztlichen Arbeit selbst eine entscheidende Rolle. Es dient als Grundlage der Diagnostik. Laserlicht ist zudem eine Art von Skalpell, etwa bei der Verödung der Netzhaut. „Ohne Licht können wir nichts machen“, sagt Eva Navarro, während sie die Spaltlampe auf den Kopf des Patienten zufährt. Aus einem Schlitz fällt gleißendes Licht auf das Auge. Durch die Pupille eröffnet sich der Ärztin ein Blick in das Innere. „Ich sehe den Sehnerv und die Gefäße. Ich kann sogar erkennen, ob der Patient an Bluthochdruck leidet“, sagt sie. Und scheint bei aller Routine selbst immer noch etwas ergriffen zu sein von dem Bild, das sich ihr da bietet.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort