Josef Stieger Mister Volksbank geht in Ruhestand

Kempen/Grefrath · Zum Jahresende verabschiedet sich Josef Stieger von seinem Posten des Vorstandsvorsitzenden. Im Laufe von 48 Jahren hat er eine Menge erlebt und zahlreiche Erfahrungen gemacht. Seit Nachfolger wird Helmut Thönes.

 So möchte sich Josef Stieger künftig viel öfter sehen: auf seinem E-Bike in Tirol.

So möchte sich Josef Stieger künftig viel öfter sehen: auf seinem E-Bike in Tirol.

Foto: stieger

1988 wurde Josef Stieger (66) in den Vorstand der Volksbank Kempen / Grefrath berufen. Seitdem hat er der Bank ein Gesicht gegeben und übergibt seinen Nachfolgern ein erfolgreiches und gesundes Institut. Neuer Vorstandsvorsitzender wird Helmut Thönes, ihm zur Seite steht Markus Knauf.

Josef Stieger hat seine Anfänge noch gut in Erinnerung. Als vor 48 Jahren im Fenster der Volksbank Kempen ein Schild „Lehrling gesucht“ hing, beschloss Josef Stieger, sein Glück zu versuchen. Die Mutter wies ihn an, vorher zum Friseur zu gehen, einen neuen Anzug zu kaufen und auf keinen Fall Jeans zu tragen. Beim Bewerbungsgespräch begrüßte ihn der damalige Direktor Hubert Tenberken persönlich. Dessen Vize Johann Loy hatte auch gleich die erste wichtige Aufgabe für Stieger parat: „Du kannst doch schreiben, dann füll mal deinen Vertrag aus.“ Das machte Stieger und blieb sein gesamtes Berufsleben der Bank treu.

 So kannte man ihn: Josef Stieger in seinem Vorstandsbüro in der Volksbank an der Burgstraße.

So kannte man ihn: Josef Stieger in seinem Vorstandsbüro in der Volksbank an der Burgstraße.

Foto: Kaiser, Wolfgang (wka)

Heute erinnert sich Stieger, wie anders das Arbeiten damals war als jetzt. Vor Jahrzehnten seien die Bauern einmal im Monat mit einem Packen Überweisungen angekommen und hätten ihn mit den Worten „Mach mal“ auf den Schreibtisch gelegt. Im Vergleich zu den systematischen Ausbildungsinhalten und -methoden von heute klingt es schon bizarr, was Auszubildender Stieger (und große Teile seiner Generation) seinerzeit erlebte. In der Lehrzeit war Josef Stieger die rechte Hand Loys und wurde immer wieder ins kalte Wasser geworfen. Ohne Vorbereitung musste er etwa eine Zweigstelle leiten oder auch einmal ein Kreditgespräch führen, ohne wirkliche Ahnung von der Materie zu haben.

Nach der Ausbildung besuchte Stieger verschiedene Fortbildungen, machte 1883 die (heute nicht mehr existierende) „Kleine Bankleiterprüfung“ und erwarb 1984 an der Bundesadademie in Montabaur die Qualifikation, eine Bank führen zu dürfen. Stieger sammelte Leitungserfahrung als Chef der Kreditabteilung und bekam seine Chance, als sich die Bank 1987 von ihrem damaligen Vorstand trennte.

Wie war damals die Situation der Bank?

„Die Bank war in sehr unruhigem Fahrwasser. Es war eine harte Zeit, wir waren ganz tief unten. Aber in der Folge haben wir das Schiff wieder auf Kurs gebracht. Wir haben uns neu organisiert, alle Mitarbeiter haben voll mitgezogen. Die Volksbank hat eine neue Kultur bekommen. Der Teamgeist ließ die Zahlen wieder steigen.“

1987 lag die Bilanzsumme bei umgerechnet 73 Millionen Euro, heute sind es 400 Millionen. Damals lag die Eigenkapitalquote bei vier Prozent, heute bei 14. Stieger wurde zum 1. April 1988 in den Vorstand bestellt. An seiner Seite stand Gerhard Knoor. 1993 fusionierte die Bank mit Oedt, 1996 mit Grefrath. Damit rückte Ulrich Dollen als dritte Mann in den Vorstand, mit Koors Ausscheiden lenkte dann wieder ein Duo die Geschickte der Bank. Dollen wurde 2009 verabschiedet, Helmut Thönes wurde neu in den Vorstand berufen.

Wie sieht Josef Stieger die Bank heute, kurz vor seinem Ausscheiden?

„Wir sind Partner des Mittelstands. Wir kennen unsere Kunden und sprechen sie mit Namen an.“

Der Generationswechsel wurde bereits vor drei Jahren eingeleitet, als mit Markus Knauf ein junger Banker aus dem eigenen Haus in den Vorstand aufrückte.

Welche Ratschläge hat Josef Stieger für seine Nachfolger parat?

„Ich werden ihnen bestimmt nichts ins Gebetbuch schreiben. Die beiden haben höchste Kompetenz und werden genau wissen, was sie tun. Ich gebe die Bank in gute Hände.“

Am Freitag, 20. Dezember, wird Josef Stieger offiziell aus seinem Amt verabschiedet, am Ersten Weihnachtstag geht es dann mit der Familie nach Berwang in Tirol: „Da verbringen wird schon seit über 30 Jahren die Jahreswechsel und kennen uns bestens aus.“ Dabei sind in Berwang seine Frau und die Familie seines Sohns Patrick.

Wie sieht er, fast schon im Rückblick, seine Zeit bei der Volksbank?

„Es war eine schöne und herausragende Zeit, die mich auch ein bisschen stolz macht.“

Und seine Zukunft bei der Volksbank?

„Ich werde sicherlich ab und zu vorbeischauen. Aber nur auf einen Kaffee und nicht, um gute Ratschläge zu erteilen.“

Was sind seine Pläne für den Ruhestand?

„Ich bin froh, dann keine Termine mehr zu haben, jedenfalls keine beruflichen. Ich kann spontan Pläne machen, ohne mich mit jemandem abzusprechen. Ich brauche nichts mehr zu regeln. Ich kann mich meinen Hobbys widmen, Skilaufen, Tennis und E-Bike fahren. Zu meinen Leidenschaften zählen auch Reisen, Filmen und Fotografieren.“

Eine letzte Frage: Sind Sie froh, sich morgens keine Krawatte mehr umbinden zu müssen?

„Da war ich immer emotionslos, das gehörte eben dazu. Aber bei der Hitze im letzten Sommer haben wir den Dresscode gelockert. Seitdem kann jeder selbst entscheiden, ob er eine Krawatte trägt oder nicht. Ich selber habe es durchgezogen, bis auf ein paar besonders heiße Tage.“

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