Safer Internet Day „Mädchen sind im Netz besonders gefährdet“, sagt Harald Lamers von der Polizei Viersen

Interview | Kreis Viersen · Kriminalhauptkommissar Harald Lamers von der Polizei des Kreis Viersen erklärt, wie Eltern Kinder im Internet vor Gefahren schützen können.

 Viele Kinder und Jugendliche nutzen Messenger-Dienste auf dem Smartphone. Dabei ist die Gefahr groß, Opfer einer Straftat zu werden.   Foto: pixabay.com

Viele Kinder und Jugendliche nutzen Messenger-Dienste auf dem Smartphone. Dabei ist die Gefahr groß, Opfer einer Straftat zu werden. Foto: pixabay.com

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Sie sind in Nicht-Corona-Zeiten an Schulen im Kreis Viersen tätig. Was machen Sie da konkret?

Lamers Die Kriminalprävention kümmert sich unter anderem um die Themen Jugendschutz, Jugendgewalt und Cybercrime. Im Rahmen dessen führe ich Elternabende, Lehrer- und Schülerfortbildungen an allen weiterführenden Schulen im Kreis zum Thema „Sicherer Umgang mit den Gefahren des Internets/der neuen Medien“ durch. In Grundschulen berate ich Eltern und Lehrer. Manche sind erstaunt, wie wichtig Medienkompetenz schon in der Grundschule ist. Auch für die Kitas im Kreis gibt es viele Angebote, um die Pädagogen fortzubilden.

 Kriminalhauptkommissar Harald Lamers gibt Tipps.

Kriminalhauptkommissar Harald Lamers gibt Tipps.

Foto: Polizei

Mit welchen Gefahren sehen Sie Kinder im Grundschulalter besonders häufig konfrontiert?

Lamers Im Grundschulalter sollten Eltern die Mediennutzung ihrer Kinder besonders im Blick haben und diese begleiten. Das Internet und somit auch Smartphones und Tablets können Kinder zu nicht altersgerechten Seiten mit entsprechenden Videos und Bildern führen. Auch Kinder im Grundschulalter benutzen unter anderem den Messenger Whatsapp. Bei der Nutzung solcher Dienste ist die Gefahr groß, dass Kinder und Jugendliche Opfer von Straftaten werden. Ein großes Thema ist Cybermobbing, also das Beleidigen in Gruppenchats, das Bloßstellen, das Verbreiten von Bildern etwa von Mitschülern oder Lehrern, die Androhung von Gewalt. Schulen und Polizei müssen sich damit täglich beschäftigen.

Wie kommt es zu Cybermobbing?

Lamers Auslöser können beispielsweise Langeweile, interkulturelle Konflikte, Konflikte in der Klassengemeinschaft, Neid und die Veröffentlichung persönlicher Informationen sein. Das kann Folgen haben: Kinder unter 14 Jahren sind zwar strafunmündig, sie können aber bei entsprechender Verstandesreife zivilrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Bei Jugendlichen besteht die Gefahr, durch Unwissenheit zu Tätern zu werden. Unter anderem werden verbotene Inhalte gepostet, die Rechte am eigenen Bild verletzt, pornografische Bilder und Videos verschickt oder weitergeleitet.

Sind Mädchen besonders gefährdet?

Lamers Mädchen sind bestimmt gefährdeter als Jungen, wenn es um Cybergrooming geht. Dabei haben die späteren Opfer im Netz mit scheinbar Gleichaltrigen Kontakt. Der Austausch von Bildern oder sogar ein Treffen kann ein Ziel der Täter sein. Hier raten wir Mädchen, sich den Eltern anzuvertrauen, wenn sie sich sexuell belästigt fühlen. Der Chatverlauf und vorhandene Bilder sollten gesichert werden. Die Polizei prüft dann nach Anzeigenerstattung, welche weiteren Schritte erforderlich sind.

Worauf sollte man achten, wenn man Internet-Plattformen oder Messenger-Dienste nutzt?

Lamers Man kann nur raten, sparsam und gut überlegt mit persönlichen Daten umzugehen, sichere Passwörter zu benutzen und keine privaten Fotos, die einem später peinlich sein könnten, ins Internet hochzuladen. Das Netz vergisst nie. Man kann solche Fotos nie wieder richtig aus dem Internet löschen. Weitere Hinweise gibt es auch unter www.klicksafe.de. Wenn Kindern und Jugendlichen etwas passiert oder sie Fragen haben, sich aber nicht ihren Eltern anvertrauen möchten, sollten Eltern ihnen sagen, an wen sie sich wenden können und auch dürfen. Das können das örtliche Jugendamt, Schulsozialarbeit oder die Nummer gegen Kummer (0800 1110333 und 116111) sein.

Woran erkenne ich, dass mein Kind möglicherweise gefährdet ist?

Lamers Eltern sollten darauf achten, dass Kinder und Jugendliche nicht nur noch in Chats und virtuellen Netzwerken unterwegs sind oder rund um die Uhr Computerspiele zocken. Unter www.klicksafe.de gibt es eine Checkliste: „Besteht bei meinem Kind die Gefahr einer möglichen digitalen Abhängigkeit?“ mit elf Fragen zur Einschätzung.

Wie kann ich verhindern, dass mein Kind Opfer von Cybermobbing wird?

Lamers Eltern sollten versuchen, bei ihren Kindern ein starkes Selbstbewusstsein zu schaffen. Hinsehen, zuhören und eine umfassende und offene Sexualerziehung sind wichtig. Schwierigkeiten und Probleme sollten angesprochen werden. Auffälligkeiten und Verstöße kann man an entsprechende Stellen, etwa www.jungschutz.net, weitergeben. Ich halte es auch für wichtig, offen mit den Verantwortlichen in Schulen zu sprechen und sich bei Problemen beraten zu lassen. Oftmals schämen sich die Kinder, wenn sie gemobbt werden, und sagen erst viel zu spät, was sie belastet. Kinder und Jugendliche müssen misstrauisch bleiben und persönliche Informationen sparsam preisgeben.

Kann und soll ich kontrollieren, was mein Kind im Internet oder auf dem Smartphone tut? Und wenn ja, wie?

Lamers Eltern haben eine gesetzliche Erziehungspflicht. Deshalb sollten sie ihre Kinder nicht nur auf dem Spielplatz, sondern auch im Netz begleiten, um sie vor Gefahren zu schützen. Dafür muss man wissen, wo sie sich im Netz bewegen. Die Eltern sind Inhaber der Sim-Karte und des Routers. Sie bestimmen, wie lange ihre Kinder im Internet surfen, chatten, zocken und welche Internetseiten und Apps ihre Kinder benutzen dürfen. Das kann zu Konflikten führen. Um hier zu einer verbindlichen Einigung zu kommen, findet man unter www.internet-abc.de einen Mediennutzungsvertrag für Kinder und Jugendliche, der individuell anpassbare Regelvorlagen bietet. Der Vertrag kann ausgedruckt werden.

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