„Melencolia“ Geometrie in der Kunst: Die Lust am Denken

Kempen · William Wulmsen, der niederländische Sänger der Kempen Big Band, wird am Freitag zur Eröffnung ab 19 Uhr singen. Und ihn kennt man nicht als ein Kind von Traurigkeit. Das nur als Beruhigung für alle die, die sich vielleicht vom Titel der Ausstellung abgeschreckt fühlen: Melencolia.

 „Melencolia“ hat Ingrid Filipczyk ihre neue Ausstellung überschrieben. Die Eröffnung ist am Freitag, 19 Uhr, an der Moosgasse 9.

„Melencolia“ hat Ingrid Filipczyk ihre neue Ausstellung überschrieben. Die Eröffnung ist am Freitag, 19 Uhr, an der Moosgasse 9.

Foto: Norbert Prümen (nop)

Ab Freitag zeigt Ingrid Filipczyk ihre neuesten Arbeiten, allesamt Schwarz-Weiß-Arbeiten aus geometrischen Formen, die sie von der Grundform des Quadrats ableitet. Farbige Versuche hat sie verworfen, weil sie ihre Intention am besten in Schwarz-Weiß ausdrücken kann. Bei Melancholie denken die meisten Zeitgenossen an Schwermut, vielleicht sogar an Depressionen. Ingrid Filipczyk bezieht sich auf eine der drei Meisterstiche von Albrecht Dürer, die „Melencolia I“ aus dem Jahr 1514. Dieses rätselhafte Bild enthält viele Symbole, der melancholische Engel hält einen Zirkel in der Hand. Auf dem Boden und an der Wand sind Werkzeuge, eine Waage, ein Stundenglas, ein magisches Rechteck zu entdecken. Vieles, was die Künstlerin, die eine ausgeprägte Vorliebe für Mathematik hat, interessiert, findet sie bei Dürer und in diesem Werk wieder. Auf ihrer Einladung hat sie einen Untertitel versteckt: „Maß, Plan und Ordnung – Hommage an die Bauhütten“. Auf dem Tisch liegt das Buch „Das Quadrat“ des italienischen Künstlers Bruno Munari, dort führt er etwa die Fassade der Kathedrale in Pisa auf geometrische Formen zurück.

Auch die Ausgangslage in den neuen Werken von Ingrid Filipczyk, die seit dem Sommer entstanden sind, ist einfach das Quadrat. Dort setzt sie den Zirkel an und entwickelt einen Kanon von Kreissegmenten, die sich spiegeln, kreuzen und überlappen. Aus der großen Zahl von Ideen filtert sie einen kleinen Teil heraus, den sie auf Papier oder auch mit Acryl auf Leinwand umsetzt. Was so scheinbar leicht aussieht, ist höchst komplex – nicht nur durch die strenge Geometrie, sondern auch durch die Rezeption. Zum Ausprobieren für jedermann hat die Künstlerin zwei Arbeiten auf einen niedrigen Tisch gelegt, so dass der Betrachter um sie herumgehen und sie von allen Seiten betrachten kann. Man ist erstaunt, wie sich die Wirkung verändert. In der Ausstellung sind die einzelnen Quadrate zu Gruppen, Friesen und sogar einer Treppe gefügt. Diese Werke sind nicht so rätselhaft wie Dürers Melencolia vor 500 Jahren, aber die Lust am Denken spricht aus beiden.

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