Stadt Kempen Improvisationen über den Kreuzweg Jesu

Stadt Kempen · Michael Hoppe spielte an der Orgel der Propsteikirche den Kreuzweg von Marcel Dupré aus dem Jahr 1931.

 Seit 2013 ist Michael Hoppe Domorganist am Hohen Dom zu Aachen. Von 2006 bis 2013 lehrte Hoppe an der Abteilung Aachen der Musikhochschule Köln im Bereich Tonsatz/Komposition.

Seit 2013 ist Michael Hoppe Domorganist am Hohen Dom zu Aachen. Von 2006 bis 2013 lehrte Hoppe an der Abteilung Aachen der Musikhochschule Köln im Bereich Tonsatz/Komposition.

Foto: RAUPOLD

Der Einladung, sich musikalisch-literarisch auf die Karwoche einzustimmen, folgten erfreulich viele Orgelmusikfreunde - die Propsteikirche war im Mittelschiff gut gefüllt. "Le Chemin de la Croix" - "Der Kreuzweg" von Marcel Dupré (1886-1971) nach Texten von Paul Claudel stand auf dem Programm der Kempener Orgelkonzerte.

Im Jahre 1931 wurde Dupré - Organist an Saint Sulpice als Nachfolger von Charles-Marie Widor und bedeutender Lehrer am Conservatoire in Paris - gebeten, im Rahmen eines literarisch-musikalischen Konzertes über Texte von Paul Claudel, den Kreuzweg Jesu betreffend, zu improvisieren. Aufgrund des positiven Echos zeichnete der Künstler seine Improvisationen auf - die Uraufführung erfolgte 1932 in Paris.

Um den inneren Zusammenhalt der vierzehn Stationen zu gewährleisten, verwendet der Komponist melodische und lautmalerische Grundmotive, die eine Stimmung oder eine Situation schildern. Beispielsweise gilt ein doppelter Quartsprung als Kreuzmotiv, Jesus wird dargestellt durch eine fallende kleine Terz, für das Weinen stehen absteigende Sekundschritte, die Mutter Jesu wird mit einem fallenden Dur-Dreiklang symbolisiert, die Erlösung durch einen aufsteigenden Dur-Dreiklang.

Professor Michael Hoppe wählte aus der Vielzahl unterschiedlicher Registerfarben, die die Propsteikirchenorgel zu bieten hat, mit großer Sorgfalt stets die Passenden aus und interpretierte das lautmalerisch packende Opus mit großer Intensität, Durchsichtigkeit und Ausdruckskraft, sodass es den Zuhörern leicht gemacht wurde, das Leiden Jesu auf seinem Kreuzweg gedanklich nachzuvollziehen und mitzuempfinden. Der Aachener Domorganist vermied glücklicherweise selbst an hoch expressiven Stellen extreme Lautstärke, wie es bei manch anderen Interpreten zu erleben ist.

So blieb der meditative Grundcharakter erhalten, was den erschütternden Ernst dieser zu Recht weitgehend spröden Komposition noch unterstrich.

Maßgeblichen Anteil an diesem Eindruck hatte die sehr konzentrierte, von Theatralik freie Wiedergabe der jeder Station vorangestellten Texte von Paul Claudel durch Dr. Thomas Eicker. Der Propst verstand es, gerade aufgrund seiner hier wenig differenzierten, fast fahlen Sprechweise, die Ungeheuerlichkeit des Leidens Jesu dem spürbar ergriffenen Auditorium nahe zu bringen.

Zum Glück hatten die Interpreten darum gebeten, von jeglichem Applaus abzusehen. So war gewährleistet, dass die tiefen Eindrücke, die dieser Abend hinterließ, auch noch weiter und sicherlich bis in die Stille der Karwoche wirken.

(oeh)
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