Gemeinde Grefrath "Im Dunkel der Nacht": Schnaps besänftigt Hausgeister

Gemeinde Grefrath · In der Dämmerung krächzen Rabenvögel. Als schwarze Schatten fliegen sie in die kahlen Bäume auf dem Gelände des Niederrheinischen Freilichtmuseums, kaum dass die 30-köpfige Besucherschar hinter Jochen Scheel aus dem Eingangsgebäude getreten ist. "Die Nacht ist uns fremd. Ein Knacken im Wald des Nachts macht uns mehr Angst als am Tage. Früher fürchteten die Menschen die Nacht regelrecht. Es war vorgeschrieben, wer aus dem Haus ging, musste eine Laterne tragen. Wer dies nicht tat, war ein finsterer Geselle und konnte in den Kerker geworfen werden", erzählt Scheel, während er seine eigene Laterne vor sich hertragend und einen Bollerwagen ziehend in Richtung des Grenzsteines wandert.

 Welche Geister und Elemente des Nachts unterwegs sind, das erfuhren die Besucher im Niederrheinischen Freilichtmuseum. Unter dem Titel "Im Dunkel der Nacht" entführte Jochen Scheel in die Welt der nachtaktiven Gestalten.

Welche Geister und Elemente des Nachts unterwegs sind, das erfuhren die Besucher im Niederrheinischen Freilichtmuseum. Unter dem Titel "Im Dunkel der Nacht" entführte Jochen Scheel in die Welt der nachtaktiven Gestalten.

Foto: Wolfgang KAISER

Ein einsames Grablicht flackert dort. Dass auf Grenzsteinen einst gerne die sogenannten Aufhocker saßen, die den Menschen auf den Rücken sprangen und ihnen eine Last waren und dass sich in der Nähe der Grenzsteine die Feuermänner umhertrieben, in deren Gerippe ein loderndes Feuer brannte - in der sich langsam herab senkenden Nacht lässt der museumspädagogische Mitarbeiter die Gestalten des Aberglaubens lebendig werden. Vor den Augen der Besucher zeichnet er tiefschwarze Nächte. Lediglich Gehöfte sowie Dörfer waren weithin an den außenhängenden Laternen zu erkennen. Aber da gab es auch die Irrlichter, die Seelen der ungetauft verstorbenen Kinder, die die Menschen mit ihrem Licht in die Irre führten, wobei sie Moore bevorzugten. "Es waren natürliche Gasentflammungen, bedingt durch aufsteigendes Methangas. Die Menschen hielten sie einst aber für die Irrlichter", berichtet Scheel. Wie schwer es früher war, Feuer zu entfachen, demonstriert er mit Feuerstein, Schlagring und Zündstoff in Form von Rietkolben. Funken fliegen beim Schlagen des Rings auf den Stein durch die Nacht, denn inzwischen ist es dunkel geworden.

Dann geht es weiter in Richtung Tante Emma Laden. Scheel erzählt von Räuberzinken und deutet auf den umgedreht stehenden Reisigbesen neben der Tür. Der sollte Hexen abhalten. "Der Besen zeigte an, dass bereits eine andere Hexen im Haus war, da das Reisegefährt vor der Tür stand. Eine weitere Hexe traute sich daher nicht herein, denn die andere könnte ja stärker sein als sie selber und sie verzaubern", sagt der Museumsmitarbeiter.

Lachen bei den Schattenspielen an der Wand von Haus Waldniel wird von Gruseln an der Kutschenremise abgelöst. Im Schatten der Remise, die nur von zwei Grabkerzen auf dem Sargwagen schummrig beleuchtet wird, lassen Nachzehrer und Wiedergänger eine Gänsehaut aufkommen. Starb jemand, so wurde die Uhr angehalten, und ein Toter wurde immer mit den Füßen zuerst aus einem Haus herausgetragen, damit er nicht wieder zurückkommen konnte. Was es mit dem Maß nehmen für einen Sarg auf sich hatte, weiß Scheel ebenso wie er sich in Sachen Schutzvorkehrungen vor bösen Geistern auskennt. Begleitet vom Schnauben der beiden Kaltblüter, die im Stall an der Hofanlage Haus Rasseln stehen, leuchtet Scheel in die Fenster des Hauses. Der Blick der Besucher fällt auf ein Heiligenbild, das genauso wie ein Kreuz oder ein Spiegel böse Geister abwehren sollte.

Unglückszeichen wie Käuzchenrufe, die Angst vor Eulen und Fledermäusen machen die Runde. Hexen mit Fingerzeichen abwehren, Kreuze schlagen zum Schutz und Ausspucken zur Geisterabwehr oder der Kienspann, der im Maulaffen stand, woher auch der Ausspruch Maulaffen feilhalten kommt - es ist eine Fülle aus dem Volksglauben, die sich um die Nacht rankt. Und dann gibt es da noch die guten Hausgeister, denen früher Milch, Schnaps und etwas zu Essen vor die Tür gestellte wurde, was ,oh Wunder, am nächsten Tag weg war", wie es Scheel beschreibt. In der Schnapsbrennerei gibt es zum Abschluss einen Schnaps und für die Autofahrer eine Apfelschorle, bevor es im Dunkeln nach Hause geht.

(tref)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort