Stadt Kempen "Ich habe immer ein offenes Ohr für alle"

Stadt Kempen · Vor zwei Wochen hat Stefan Ungruhe sein neues Büro an der Grundschule Wiesenstraße bezogen. Sofort war dem 43-Jährigen klar, dass hier das Miteinander zählt. Porträt eines Schulleiters, aus dem fast ein Physiker geworden wäre.

 Stefan Ungruhe hat die ersten Wochen als neuer Rektor der Katholischen Grundschule Wiesenstraße in Kempen um. Der Einstieg wurde ihm vom Kollegium und den Schülern leicht gemacht.

Stefan Ungruhe hat die ersten Wochen als neuer Rektor der Katholischen Grundschule Wiesenstraße in Kempen um. Der Einstieg wurde ihm vom Kollegium und den Schülern leicht gemacht.

Foto: Wolfgang Kaiser

Als der Neue den Schulhof betritt, rollt ihm schon der erste Fußball entgegen. Er macht einen Schritt zur Seite, es ist nur ein kurzer Pass, dann haben die Kinder ihn wieder. "Danke", ruft eins, "Hallo Herr Ungruhe", grüßt ein anderes.

Den Namen hört man auf dem Gelände der Grundschule Wiesenstraße erst seit Kurzem. Aber man kennt sich bereits. Und das ging schnell. "Ich wurde hier wirklich sehr nett aufgenommen", sagt der Mann aus Willich-Anrath. Gleich am zweiten Tag gab es eine große Feier. Sogar mit Geschenken. Darunter die offizielle Hymne der Schule, ausgedruckt und gerahmt hängt sie jetzt im Büro des 43-Jährigen. Eine Zeile lautet: "Wir lernen nicht nur Lesen, Schreiben und Rechnen, sondern auch das Miteinander." Das, so sagt der Neue, habe er sich zu Herzen genommen.

Seit dem 1. Februar ist Stefan Ungruhe der neue Leiter der Grundschule an der Wiesenstraße. Er folgt auf Anita Zerbe, die die Schule vier Jahre kommissarisch geleitet hat und kürzlich in den Ruhestand verabschiedet wurde. Ungruhe kommt mit den Schwerpunkten Mathe, Musik und Englisch an die Schule. Fächer, die zeigen: Der Neue ist breit aufgestellt. Neun Jahre hat der 43-Jährige zuvor an einer Grundschule in Meerbusch-Lank unterrichtet, war dort unter anderem zuständig für die Neuen Medien. Ein Thema, das ihm sehr wichtig ist. "Wir müssen die Kinder auf die digitalisierte Welt vorbereiten", sagt er. "Dazu gehören die Voteile, aber natürlich auch Gefahren dieser Welt".

Schon jetzt baut man in der Wiesenstraße Tablets in den Unterricht ein und nutzt regelmäßig die Laptops aus dem Computerraum. "Wir können uns vor dieser Entwicklung nicht verschließen", sagt Ungruhe, der den Wissensdrang der Kleinen schätzt. Er arbeite gern mit Kindern und in der Grundschule, da haben sie besondere Freude am Lernen, wie er sagt. "Wenn man einem Kind in der ersten Klasse das Lesen beibringt, dass aus Buchstaben Wörter werden, die eine Bedeutung haben, hat man ihnen eine riesige Tür aufgeschlossen", sagt er. Er könne sich keine bessere Aufgabe vorstellen.

Dabei wäre alles fast ganz anders gekommen. Nach dem Abitur macht der Sohn eines Sozialarbeiters und einer Lehrerin den Zivildienst in einem Wohnheim für psychisch Kranke. Es scheint klar, dass der junge Stefan seinen Eltern in den sozialen oder pädagogischen Bereich folgen wird. Dann aber zieht er nach Berlin, studiert ein paar Semester Physik, darin war er in immer gut. "Aber die Wissenschaft war nichts für mich", sagt er. Er bricht ab. Der Vater sagt: "Wart's ab, du wirst noch Lehrer." Das war Gerede, aber wenig später studiert Ungruhe tatsächlich Lehramt. "Da war überhaupt kein Druck dahinter, ich wusste, mir liegt die pädagogische Arbeit", sagt er. Nach dem Examen arbeitet er für zwei Jahre in Düsseldorf in einem Unternehmen, das EDV-Schulungen anbietet, bevor er ins Referendariat geht. "Nicht der klassische Weg zum Lehrer, aber heute weiß ich: Ich würde nichts lieber machen."

Wenn man Ungruhe fragt, welcher Typ Lehrer er sein möchte, sagt er: ein authentischer. "Mir ist wichtig, immer ein offenes Ohr zu haben." Da helfe es auch, dass der 43-Jährige selbst Kinder hat. "Nur beim Elternsprechtag auf der anderen Seite Platz zu nehmen, ist etwas komisch", sagt er und lacht.

(atrie)
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