Stadt Kempen Hier schlachtet der Meister

Stadt Kempen · Die Metzgerei Thoeren ist seit vier Jahrzehnten im Familienbesitz. Rinder züchtet Willy Thoeren selber, Schweine kommen von einem ausgesuchten Lieferanten. Gerade gab es vier Goldmedaillen beim "Mettwurst-Cup."

Von "schlichter Solidität" spricht Fleischermeister Willy Thoeren (60), wenn er sein Ladenlokal an der Hülser Straße beschreibt. Die Front ist mit schwarzglänzenden Kacheln ausgekleidet, darüber prangt in goldenen Lettern der Schriftzug der Firma. Der Betrieb mit seinen aktuell zwölf Mitarbeitern ist seit vier Generationen im Familienbesitz, und der aktuelle Chef fühlt sich dieser Tradition verpflichtet. Das spiegelt sich auch im Inneren des Ladens wider - kein moderner Schnickschnack oder kurzlebige Modeerscheinungen. Die Einrichtung ist seit Jahrzehnten kaum verändert worden. Das ist für Thoeren keineswegs altmodisch, sondern vielmehr ein Zeichen von Bodenständigkeit. Da ist es auch kein Zufall, dass die Familie von Thoerens Frau Carola ebenfalls aus der Fleischbranche stammt.

Gerade erst bekam der Kempener Metzger einen Beleg für die Qualität der Produkte. Beim "Mettwurst-Cup" des Fleischerverbands Nordrhein-Westfalen wurde der Betrieb in vier Kategorien ausgezeichnet, und zwar jeweils mit Goldmedaillen für geräucherte Mettenden, Pfefferbeißer, luftgetrocknete Mettwurst und luftgetrocknete Mettwurst mediterran. Betriebe von der Nordseeküste bis zum Donautal haben sich mit ihren Produkten beteiligt. Die Jury bestand aus Fachleuten und "Normalessern".

Willy Thoeren hat etwas vorzuweisen, was viele Berufskollegen nicht haben: Was in seinem Geschäft über die Ladentheke wandert, ist im eigenen Betrieb geschlachtet und verarbeitet worden. "Ich habe bereits vor 20 Jahren die Verwertungskette zwischen Erzeuger und Verbraucher komplett geschlossen", betont er.

Damals sei er nämlich gemeinsam mit seinem Vater unter die Rinderzüchter gegangen. Die besorgte Verbraucherfrage, woher das Fleisch kommt, brauche daher keinem Kunden Kopfzerbrechen zu bereiten.

Direkt hinter dem Ladenlokal liegt es, das eigentliche Herzstück des Betriebs. Hier werden Rinder und Schweine geschlachtet, ausgenommen, zerlegt und zu den verschiedensten Produkten weiterverarbeitet. Thoeren arbeitet hier mit einem modernen Maschinenpark, wobei Hygiene in diesen Räumlichkeiten besonders großgeschrieben wird.

Die Fleischerei Thoeren zählt seit einigen Jahren zu jenen Handwerkern, die von der Gourmet-Zeitschrift "Der Feinschmecker" zum erlesenen Kreis "400 beste Metzger Deutschlands" gezählt werden. Der größte Teil der verkauften Produkte trägt das Siegel "Aus eigener Herstellung", künstliche Aromen und Fertigmischungen sind an der Hülser Straße tabu. Man verwende beispielsweise für Schweineschmalz kein Zwiebelaroma, sondern frisch angebratene Zwiebeln: "An diesen Tagen riecht dann der ganze Betrieb intensiv nach Zwiebeln und Bratfett", sagt Thoeren.

Mit besonderem Stolz schaut Thoeren auf seine Rinderherde von rund 200 Tieren, die auf dem Wetterhof in Wankum beheimatet ist. Es war zunächst ein Feierabendhobby, das Thoeren gemeinsam mit seinem Vater betrieb. Die beiden hatten sich vor 20 Jahren für die in Deutschland damals noch weitgehend unbekannte Rasse Blonde d'Aquitaine entschieden und die Wahl nicht bereut: "Das Fleisch ist feinfaserig und hat nur einen geringen Fettanteil." Bei Haltung und Aufzucht gehe es naturnah zu: "Das Kalb wird nicht von der Mutter getrennt, die Kuh wird nicht gemolken." 60 Hektar Weideland stehen den Tieren zur Verfügung.

Schweine züchtet Thoeren nicht selber, hat aber seit Jahren einen festen Lieferanten: ,Herbert Platen aus Unterweiden. Der verfährt bei der Aufzucht ähnlich wie Thoeren bei seinen Rindern. Der Züchter hat sich für das Hällische Landschwein entschieden, eine alte Rasse, die Kenner für ihr schmackhaftes und trockenes Fleisch loben. Thoeren legt für seinen Lieferanten die Hand ins Feuer: "Platen verwendet seit Jahren kein Gramm Medikamente mehr in seinem Maststall. Das ist ein Argument, das alle Zweifel am Verzehr von Schweinefleisch verstummen lassen sollte." Auch das Geflügel kommt von ausgesuchten Lieferanten mit transparenten Aufzuchtwegen.

Willy Thoeren stellt übrigens nicht nur Fleischprodukte her, er verarbeitet sie auch als leidenschaftlicher Koch in der Küche weiter. Zu Hause steht er regelmäßig am Herd. Besonders Rindfleischrezepte haben es ihm angetan. Er wird auch gern zum Lehrling: Bei Drei-Sterne-Koch Dieter Müller, der damals noch in Schloss Lerbach am Herd stand, hat Thoeren sich einiges abgeguckt. Bei dessen ebenfalls hochdekorierten Bruder Jörg Müller hat Thoeren im Urlaub auf Sylt sogar Kochkurse belegt.

Es gibt bereits Indizien dafür, dass die vierte Generation der Familie Thoeren nicht die letzte ist, die sich mit dem Fleischerhandwerk beschäftigt. Thoerens Sohn Mark (15) besucht nämlich mit seinem Vater regelmäßig die Rinderherde in Wankum.

(RP)
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