Hexenprozesse Der Teufelspakt endet auf dem Scheiterhaufen

Kempen · Hexenverfolgungen hat es vom 15. bis zum 18. Jahrhundert auch am Niederrhein gegeben. Im heutigen Kreis Viersen gab es nur wenige Prozesse.

     Die Vorsitzende des Kempener Geschichts- und Museumsvereins, Ina Germes-Dohmen (links), und Kreisarchivar Michael Habersack begrüßten die Referentin Claudia Kauertz am Sonntag im Kempener Franziskanerkloster.

Die Vorsitzende des Kempener Geschichts- und Museumsvereins, Ina Germes-Dohmen (links), und Kreisarchivar Michael Habersack begrüßten die Referentin Claudia Kauertz am Sonntag im Kempener Franziskanerkloster.

Foto: Wolfgang Kaiser

Das Spätmittelalter und die frühe Neuzeit waren schon blutrünstige Epochen der europäischen Geschichte. Kriege um Macht und Einfluss, um der Religion willen bestimmten diese Zeit. Einem Teilaspekt der historischen Forschung widmet sich seit Jahren die Historikerin Claudia Kauertz. Sie gilt als Spezialistin für die historische Aufarbeitung der Hexenverfolgung. Seit Anfang März ist die frühere Leiterin der Archivberatung beim Landschaftsverband Rheinland Chefin des Essener Stadtarchivs. Eigens für ihren Vortrag am Sonntagvormittag in Kempen hatte Claudia Kauertz die Hexenverfolgung im heutigen Kreis Viersen unter die Lupe genommen. Vor mehr als 70 interessierten Zuhörern im Rokokosaal des Kempener Kulturforums Franziskanerkloster gab die Wissenschaftlerin Einblicke in ein besonders dunkles Kapitel deutscher Geschichte. Eingeladen zum Vortrag hatte der Kempener Geschichts- und Museumsverein in Zusammenarbeit mit der Kreisvolkshochschule.

In den verschiedenen Regionen Deutschlands wurden vom 15. bis 18. Jahrhundert etwa 60.000 Menschen als Hexen verbrannt. Nicht nur Frauen, auch Männer und sogar Kinder wurden bei sogenannten Hexenprozessen zum Tode verurteilt. Das Rheinland gilt dabei als eine Kernzone der europäischen Hexenverfolgungen, die in den Jahren zwischen 1585 und 1635 ihren Höhepunkt erreichten. Gleichwohl waren Hexenverfolgungen am Niederrhein und vor allem im heutigen Kreis Viersen bei Weitem nicht so verbreitet wie im südlichen Rheinland und in der Eifel. Zumindest hat Claudia Kauertz keine Quellen gefunden, dass es großartige Exzesse bei der Verfolgung von Frauen – und Männern –, die im Verdacht standen, einen Pakt mit dem Teufel eingegangen zu sein, gegeben hat. Für den heutigen Kreis Viersen hat sie lediglich zehn Frauen ermitteln können, die wegen Hexenzauberei vor Gericht standen. Nicht alle wurden zum Tode verurteilt.

Das heutige Kreisgebiet lag damals in einem Dreiländereck. Zum Herzogtum Geldern gehörten Viersen und Grefrath über das damalige Amt Krickenbeck, die Gemeinden im Viersener Westkreis waren über das Amt Brüggen an das Herzogtum Jülich angeschlossen. Kempen mit Hüls, die heutigen Städte Tönisvorst und Willich gehörten zum Erzbistum Köln. Hexenverfolgung fand keineswegs nur aus religiösen Motiven statt. Ein Grund war häufig auch, unliebsame Nachbarn oder Konkurrenten loszuwerden. Das Delikt der Hexerei hat in der Rechtsordnung Karls V. im damaligen Deutschen Reich einen eigenen Paragrafen. Unter Artikel 109 war in der so genannten Peinlichen Halsgerichtsverordnung von Karl V. aus dem Jahre 1532 klar festgelegt, dass für Hexenzauber auch die Todesstrafe vorzusehen war.

Im christlich geprägten Weltbild der Zeit spielte das Teuflische eine besondere Rolle. Wie die Expertin Claudia Kauertz bei ihrem Vortrag auf eindrucksvolle Weise veranschaulichte, wurde das Delikt der Hexerei in der Regel konstruiert. Der Teufel galt als große Bedrohung. Wer mit ihm ein Bündnis eingegangen war, musste dafür bestraft werden.

Auch wenn die Gerichte nicht immer die Todesstrafe wegen Hexenzaubers erließen, gab es etwa während der Regentschaft des geldrischen Herzogs Karl von Egmond Fälle, bei denen dieser im Nachhinein die Hinrichtung einer Hexe verfügte. Die Anklage vor Gericht basierte auf Zeugenaussagen oder auch auf Gerüchten. Folterungen der Angeklagten galten als legales Rechtsmittel zur Wahrheitsfindung. Die Gerichte – Schöffen, Gerichtsschreiber, Henker oder so genannte Hexenkommissare – kassierten teilweise hohe Summen für die Prozesse, die in der Regel die Hinterbliebenen der Hingerichteten zahlen mussten. Das trieb die Familien nicht selten in den wirtschaftlichen Ruin. Es gab auch Fälle, etwa im Herzogtum Geldern, in denen Privatleute eine Anklage anstrengten. Sie blieben auf den Prozesskosten sitzen, wenn sich der Verdacht der Hexerei am Ende nicht bestätigte. Im Herzogtum Jülich dämmte Herzog Wolfgang Wilhelm ab 1631 die Exzesse bei der Hexenverfolgung ein. Die Prozesse nahmen ab. Der Herzog stand unter dem Einfluss seines Leibarztes Johannes Weyer, einem der schärfsten Kritiker der Hexenverfolgung.

Festzuhalten bleibt nach dem Vortrag von Claudia Kauertz: Im heutigen Kreis Viersen war die Hexenverfolgung in der Frühen Neuzeit bei Weitem nicht so ausgeprägt wie im südlichen Teil des Rheinlands.

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