Gemeinde Grefrath Grefraths Rathäuser: Ein Überblick

Gemeinde Grefrath · Früher stand das Grefrather Rathaus mitten im Ortskern. Dort wurde es aber zu eng, so dass die Gemeinde in den 30er Jahren die Villa Berger kaufte. Im Krieg musste man ausweichen. 1954 und 1958 wurde das Rathaus ausgebaut.

 Ein Blick, den die Grefrather vielleicht bald nicht mehr haben: Das aktuelle Rathaus soll der Abrissbirne zum Opfer fallen. 1939 war die Verwaltung hier eingezogen.

Ein Blick, den die Grefrather vielleicht bald nicht mehr haben: Das aktuelle Rathaus soll der Abrissbirne zum Opfer fallen. 1939 war die Verwaltung hier eingezogen.

Foto: Manfred Baum

Viel Wirbel herrscht derzeit um den Verkauf des Grefrather Rathauses und seinen geplanten Abriss. Der Heimatverein hat sich bereits dafür ausgesprochen, die Villa Berger zu erhalten, und hat Zuspruch von vielen Seiten erhalten. "Es ist eines der wenigen repräsentativen Gebäude in unserer Gemeinde und für Grefrather Verhältnisse einzigartig. Es verdient unseren besonderen Schutz", heißt es. Der Verein hat die aktuelle Situation aber auch zum Anlass genommen, sich einmal etwa näher mit der Geschichte der Grefrather Rathäuser zu beschäftigen.

Früher befand sich das Rathaus da, wo man es gewöhnlich erwartet: in der Mitte des Ortes, in der Nähe der Kirche. Heute ist im ehemaligen Bürgermeisteramt das Herrenmodegeschäft Hanisch, davor das Elektrogeschäft Herring. In der Autobiographie, die der ehemalige Bürgermeister Johannes Spickenheuer 1905 nach 50-jähriger Amtszeit verfasst hat, heißt es unter anderem: "Das alte Rathaus am Marktplatze, 1783 errichtet, diente unten als Wohnung für einen Polizeidiener samt Familie und oben 2 Räume als Amtsbüro, sehr beschränkt mit niedrigen Decken, womit ich mich 32 Jahre beholfen hatte."

Irgendwann habe es keine Alternative zu einer Erweiterung gegeben. Finanziell war die Gemeinde Grefrath jedoch auch damals schon nicht auf Rosen gebettet: "Die primitiven Räumlichkeiten waren in Anbetracht der Räume und dem Betriebe längstens nicht mehr zeitgemäß, aber die Belastungen der Gemeinde erheischten ein Verschieben bis zum äußersten." 1885 begann dann doch der Bau, "in seiner in etwa zulässigen Größe und Einteilung".

In den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurde auch das erweiterte Rathaus schließlich zu klein, so dass man beschloss, ein Gebäude zu kaufen, das dem Grefrather Ehrenbürger Kommerzienrat Berger gehörte: die Villa Berger. Die Firma Arnold Schmitz hatte es zwischen 1900 und 1903 gebaut, im Jugendstil, ganz dem Geschmack der Zeit entsprechend. 1939 war der Umzug vom alten ins neue Rathaus fällig, "mit Sack und Pack und unter Einsatz von Handwagen und Pferdefuhrwerken". Der Aufenthalt dauerte aber nicht wirklich lange, das neue Rathaus lag zu nahe am Bahnhof und war damit akut gefährdet. Bahnhöfe waren bekanntlich besonders zum Ende des Krieges bevorzugte Ziele von Tieffliegern. Auch in Grefrath waren im direkten Umfeld schon einige Bomben gefallen. Daher zogen Teile der Verwaltung, schreibt der Heimatverein, in das leerstehende Haus der Familie Schmitz an der Hinsbecker Straße. Die Nähe zum Krankenhaus brachte einen gewissen Schutz mit sich, weil auf dem Dach ein auch für Flieger gut sichtbares rotes Kreuz angebracht war.

Die Räume im regulären Rathaus nahmen nach dem Auszug der Verwaltung die NSDAP in Anspruch. Nach Aussagen von Zeitzeugen beobachteten Parteimitglieder von dort aus, wer sonntags den Gottesdienst besuchte. Nach Kriegsende 1945 befand sich im Obergeschoss für kurze Zeit eine mit zwei Angestellten besetzte Nebenstelle des Krefelder Arbeitsamts, deren Aufgabe es vor allem war, sich um die Arbeitsvermittlung der heimkehrenden Soldaten, der Flüchtlinge und Vertriebenen zu kümmern.

Im Erdgeschoss war vorübergehend das Versorgungsamt untergebracht, in dem Lebensmittelkarten und Bezugscheine (etwa für Kleidung) ausgegeben wurden. Später nutzte die Polizei die Räumlichkeiten, bis ihre Dienststelle zur Vinkrather Straße umzog. Die Grefrather Gemeindeverwaltung kehrte zurück, 1954 und 1958 wurde um- und angebaut.

(RP/ac)
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