Stadt Kempen Frauen in schwieriger Lebenslage helfen

Stadt Kempen · Die Frauenfachklinik Scheifeshütte feiert morgen ihr 20-jähriges Bestehen mit einem Tag der offenen Tür. Dort werden 18 drogenabhängige und teilweise traumatisierte Frauen therapiert. Auf eine gute Nachbarschaft wird viel Wert gelegt.

Häuser wie die Frauenfachklinik Scheifeshütte gibt es vielleicht fünf in ganz Deutschland, schätzt Karin Feugmann, Leiterin dieser Einrichtung des Diakoniewerks Duisburg. Die meisten, oft sehr viel größere Kliniken kümmern sich um alkoholabhängige Frauen, und nicht immer sind Frauen und Männer getrennt. Scheifeshütte verfolgt einen anderen Ansatz: Hier kümmern sich elf Mitarbeiter allein um drogenabhängige Frauen, die teilweise traumatisiert sind. Und wenn sie kleine Kinder haben, können sie diese mitbringen.

Drogensucht und Traumata müssen vielfach in einem Zusammenhang gesehen werden, sagt Martina Pietras, die stellvertretende Leiterin ist und als Psychologin in der Scheifeshütte arbeitet. In den Therapien geht es um sexuellen Missbrauch, Erfahrungen mit Prostitution und häuslicher Gewalt. Es herrsche viel Gewalt in Beziehungen, viele Frauen sind bereits als Kinder innerfamiliär missbraucht worden. Drogen werden dann genommen, um die Erlebnisse zu vergessen und sich eine schönere Welt zu verschaffen. Nur: Nach einer Weile, in der es gelingt, werden die Probleme größer, auch weil einige Frauen durch Beschaffungsdelikte in die Kriminalität abrutschen.

Die meisten Frauen, die in der Scheifeshütte aufgenommen werden, kommen aus ganz Nordrhein-Westfalen. Aber da ein wichtiger Kostenträger dieser Maßnahmen die Rentenkasse in Berlin ist, reisen Frauen aus ganz Deutschland nach St. Hubert, aus Mecklenburg-Vorpommern ebenso wie aus Südbayern.

Die älteste Patientin war 59, die meisten sind um die 25, eine zweite starke Altersgruppe sind die 35- bis 40-Jährigen, erzählt Martina Pietras. Die meisten Patientinnen haben auch keine abgeschlossene Ausbildung, weil sie oft schon sehr früh mit Drogen in Berührung kommen oder weil sie inhaftiert wurden. Vielen Frauen erscheint dann das eigene Kind eine Perspektive für die eigene Rettung.

In Scheifeshütte gelingt es, diesen Frauen nachhaltig zu helfen und sie zu stabilisieren, ihnen eine Perspektive für das Leben wieder zu geben. Alle, die regulär nach sechs Monaten entlassen werden, haben gute Chancen, geheilt zu werden, versichert Martina Pietras.

Rückfälle gebe es natürlich auch. Aber allein die Tatsache von Ehemaligen-Treffen zeigt die positive Erinnerung an die Zeit dort. Leiterin Karin Feugmann hat stolz die zahlreichen Briefe und E-Mails aufgehoben, die ehemalige Patientinnen ihr geschrieben haben. Eine von ihnen schrieb: "Sie haben mir beigebracht, die Welt auch mit anderen Augen zu sehen. Ich werde die Zeit hier nicht vergessen. Es war schön hier."

Eine andere Frau, die ihre Drogensucht losgeworden ist, schreibt: "Ich werde es auch bleiben, da ich festgestellt habe, dass ohne Drogen sich alle Termine leichter bewältigen lassen. Ohne Sie wäre ich nie so weit gekommen."

Vor rund 25 Jahren suchte das Diakoniewerk Duisburg am ganzen Niederrhein nach einer Immobilie für eine Klinik. In St. Hubert wurde man 1981 fündig. Das Diakoniewerk Duisburg hat damals viel Geld investiert, 1984 wurde das umgebaute Haus eröffnet. Der alte Bauernhof mit einem geschlossenen Innenhof und einem eigenen Bauerngarten erschien den Initiatoren ideal für ihre Zwecke. Zuletzt wurden im Gebäude Konserven gefüllt. Damals wurden solche Einrichtungen abseits der Großstädte geplant, weil oberstes Ziel war, die betroffenen Frauen zu beschützen und abzuschirmen. Schon längst ist das Haus eine offene Einrichtung, die Tür nicht abgeschlossen. Die Frauen erhalten Fahrräder zur Verfügung gestellt, eine Bushaltestelle ist direkt an der nahe gelegenen Landstraße. Beim Tag der offenen Tür am Freitag von 14.30 bis 17.30 Uhr ist jedermann willkommen. Es gibt Kaffee und selbstgebackenen Kuchen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort