Fakten & Hintergrund Erste Fahrstunde nach dem Lockdown

Kempen · Sechs Wochen Stillstand für Fahrschul-Inhaber und Fahrschüler. Das führt nicht nur Existenzen ans Limit, auch für Fahrschüler wird es wegen Corona jetzt teurer. In der vergangenen Woche durften sie wieder starten.

 Fahrstunde in Zeiten von Corona mit dem Kempener Fahrlehrer Tobias Klemm (hinten) und seinem Fahrschüler Felix Reichwald.

Fahrstunde in Zeiten von Corona mit dem Kempener Fahrlehrer Tobias Klemm (hinten) und seinem Fahrschüler Felix Reichwald.

Foto: Jannettta Janßen/Jannetta Janßen

Den Frühling genießen, Corona ein Stück weit entkommen. Bei Sonnenschein von A nach B fahren und das nicht mehr mit dem Rad, sondern endlich mit dem Auto. Das hätte sich Felix Reichwald gewünscht. Doch kurz nach der bestandenen Theorieprüfung Ende Januar und zwölf Stunden hinterm Lenkrad war Mitte März für ihn und alle anderen Fahrschüler in ganz Deutschland erstmal Schluss. „Ich wäre schon längst durch mit dem Führerschein“, sagt der 17-Jährige und schüttelt den Kopf.

Von jetzt auf gleich kam Mitte März der Erlass, dass auch Fahrschulen aufgrund der Corona-Pandemie schließen müssen. Tobias Klemm führt die Fahrschule am Bärenbrunnen, hat ein zweites Büro in Kerken und wartete zusammen mit seinen fünf angestellten Fahrlehrern täglich darauf, endlich wieder starten zu können. „Das Telefon stand nicht still, klar, die Schüler mitten im Führerschein und dann Zwangspause“, berichtet Klemm. Er kritisiert nicht nur die unterschiedliche Handhabung der Bundesländer, sondern auch der Kommunen: „Die Zuständigkeiten sind nicht geklärt, während ich in Kempen noch auf die Verfügung warten musste, durften Kollegen von mir in Straelen schon wieder fahren“, sagt Tobias Klemm.

In seinen Räumen am Bärenbrunnen an der Ellenstraße in der Kempener Altstadt sind die Stühle weit auseinandergezogen und markiert. „Erst hieß es zehn Quadratmeter pro Schüler, jetzt dürfen es fünf Quadratmeter pro Person sein“, erklärt der 39-Jährige. Die Auflagen, die er und seine Kollegen jetzt erfüllen müssen, sind zahlreich: Unter anderem muss er Desinfektionsmittel zur Verfügung stellen, seine Autos regelmäßig lüften, nach jedem Fahrschüler gründlich desinfizieren, genaue Listen führen darüber, wer wann mit wem im Theorieunterricht saß.

Bevor die Schüler wiederkommen dürfen, bekommen sie eine E-Mail mit den neuen Vorschriften. Das sei mit deutlichem Mehraufwand verbunden, doch der Fahrlehrer freut sich, dass er wieder Theorie und Praxis anbieten darf und damit auch wieder Geld verdient. „Ich weiß, dass diese Zeit für einige meiner Kollegen nicht einfach war, dort, wo der finanzielle Rückhalt nicht da war“, sagt Klemm, der seit 14 Jahren als Fahrlehrer in Kempen arbeitet.

Tobias Klemm zieht die Maske über Mund und Nase, auch Felix Reichwald hat eine aufgesetzt und setzt sich hinters Lenkrad. „Es ist ungewohnt, hier wieder so zu sitzen“, sagt der Fahrschüler und lächelt. Da für ihn kurz vor der praktischen Prüfung Mitte März die Unterbrechung kam, muss er jetzt mehr Fahrstunden nehmen, denn es entstehen nach so einer langen Zeit Lücken, weiß sein Fahrlehrer: „Natürlich kann er nicht sofort in die praktische Prüfung, wir müssen erst einmal wieder etwas üben.“ Felix Reichwald hat derzeit etwas mehr Zeit, denn auch das Berufskolleg in Geldern, wo er zur Schule geht, hat für ihn geschlossen.

Die Fahrschüler seien flexibler wegen Corona, könnten auch jetzt gut am Morgen Fahrstunden nehmen. Doch das Geschäft müsse erst wieder anlaufen, so Tobias Klemm. Für die praktischen Prüfung im Mai hat er 40 seiner Schüler angemeldet, die stehen aus dem März noch aus. Die Rückmeldung vom TÜV hat er noch nicht. „Ich bin gespannt, wie das nun alles verteilt wird, denn jede Fahrschule hat ja jetzt Prüflinge, die alle ihren Führerschein endlich machen wollen“, so der Fahrlehrer.

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