Erstes Saison-Konzert der „Antica e Viva“-Reihe in Kempen Die unbekannte Welt der Bläsermusik

Kempen · Eigentlich sollte das berühmte Vokal-Ensemble „Chorwerk Ruhr“ gemeinsam mit den Instrumentalisten von „Capella de la Torre“ musizieren — doch für diese große Gruppe war keine Genehmigung zu bekommen.

 Eines der weltweit führenden Ensembles für Bläsermusik machte mit „Musik der frühen Neuzeit“ bekannt.

Eines der weltweit führenden Ensembles für Bläsermusik machte mit „Musik der frühen Neuzeit“ bekannt.

Foto: Norbert Prümen

Wie es gelingen kann, trotz der bedauerlichen Absage eines Ensembles den vorgesehenen Termin dennoch zu einem beglückenden Ereignis werden zu lassen, erlebten die Besucher beim ersten Saison-Konzert der „Antica e Viva“-Reihe in der coronagemäß gefüllten Paterskirche.

Eigentlich sollte das berühmte Vokal-Ensemble „Chorwerk Ruhr“ gemeinsam mit den Instrumentalisten von „Capella de la Torre“ musizieren – doch für diese große Gruppe war keine Genehmigung zu bekommen. Nun nahm die Schalmei-Spezialistin und Gründerin der „Capella“, Katharina Bäuml, gemeinsam mit ihren sieben Kollegen das Heft in die Hand und führte das Publikum kurzweilig moderierend in die weitgehend unbekannte Welt der Bläsermusik des späten 15. bis 17. Jahrhunderts ein.

Die musikalische Reise, die Bäuml mit ihren vorbildlich harmonierenden Mitstreitern unternahm, führte von Italien über Flandern, Deutschland, Frankreich und England wieder zum Ausgangspunkt Italien zurück. Nur wenige bekannte Namen befanden sich unter den vorgestellten Komponisten – beispielsweise der Italiener Giacomo Gastoldi, Josquin Deprez, seinerzeit der berühmteste Tonsetzer in Flandern, und der aus Eisenach stammende Michael Prätorius. Eine ganze Reihe der Vortragsstücke stammte aus unbekannten Quellen.

„Capella de la Torre“, ein mit internationalen Preisen ausgezeichnetes Ensemble (allein zwei Echo-Klassik und der erste „Opus-Klassik“, der Nachfolgepreis des Echo), leitet seinen Namen von der Tatsache ab, dass in früheren Zeiten diese Art Musik meist „de la Torre“ – also „vom Turm herab“ – erklang. Die Musiker legen großen Wert darauf, bezüglich musikwissenschaftlicher und historischer Erkenntnisse immer auf dem neuesten Stand zu sein und durch betont abwechslungsreiche Wiedergabe die uns eigentlich eher fremd anmutenden Klänge auch für heutige Ohren lebendig werden zu lassen.

Dank erstklassiger Beherrschung ihrer teils unbekannten Instrumente vermitteln sie eine Musizierfreude, die unmittelbar gefangen nahm. Freude und Leid, Krieg und Frieden und auch der Tanz liegen tonmalerisch nahe beieinander. Katharina Bäuml beherrscht nicht nur virtuos und dabei äußerst klangintensiv ihre Schalmei – sie spornte auch ihre Mitmusikanten mit viel Temperament an –, manche fast unmerkliche Einsätze kamen auch von der traumwandlerisch sicheren Martina Fiedler an der Truhenorgel.

Regina Hahnke bildete mit ihrem Bassdulzian das klangliche Fundament, Johannes Vogt war der so flinkfingrige wie einfühlsame Lautenist, und Tural Ismayilov entlockte seiner Barockposaune erstaunlich einschmeichelnde Töne. Hildegard Wippermann korrespondierte mit dem Altpommer, einem Instrument in der Tenorlage, das sie zeitweilig gegen verschieden große Blockflöten tauschte, ausgezeichnet mit der Schalmei, und Peter Bauer war – meist in die Musik versunken wirkend, aber höchst präzise – für die diversen Schlaginstrumente bis zur lärmenden Landsknechtstrommel zuständig.

„Wie die Sonne, die durch die Kirchenfenster flutet“, so wurde einst der weiche Klang des Zink beschrieben. Diesem Lob ist angesichts des einprägsamen, fast lyrischen Spiels von Friederike Otto nichts hinzuzufügen. Insgesamt war dieses mit viel Beifall bedachte Konzert ein spannendes, erkenntnisreiches Erlebnis, das die anfängliche Enttäuschung vergessen ließ.

Organisator Peter Landmann war angesichts der glücklichen Wendung sichtlich zufrieden und legte seinem Publikum noch einmal ans Herz, den Newsletter von „Kempen Klassik“ anzufordern. Es könne ja wieder einmal Änderungen geben.

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