Initiative Paraguay: Schüler kennen jetzt St. Martin

Kempen · Der Erlös der Martinssammlung von Schülern des Gymnasiums Thomaeum geht in diesem Jahr an die Kempener Pro Paraguay Initiative. Einheimische Schüler wurden bereits mit dem niederrheinischen Brauchtum vertraut gemacht.

 Schüler der Landwirtschaftsschule informierten sich über den Martinszug in Kempen.

Schüler der Landwirtschaftsschule informierten sich über den Martinszug in Kempen.

Foto: ppi

Es ist wie in jedem Jahr Anfang November: Kempen bereitet sich auf St. Martin vor, eines der wichtigsten Feste in der Thomasstadt. Am Tag der Zuges, traditionell am 10. November, ziehen die Schüler des Gymnasiums Thomaeum, genauer gesagt die Klassen 8 bis 12, mit ihren Sammelbüchsen vor dem Zug und bitten um Spenden. Empfänger ist in diesem Jahr die Pro Paraguay Initiative (PPI), die das gesammelte Geld für die Aus- und Weiterbildung von Schülern in dem kleinen südamerikanischen Land ausgeben möchte. Die Mädchen und Jungen kommen allesamt aus Campesino-Familien, wohnen in der Region Juan de Mena, 140 Kilometer nördlich der Hauptstadt Asuncion, und besuchen dort eine mit Unterstützung der PPI gegründete Ökologische Landwirtschaftsschule, wo sie neben dem Unterricht fachliche Anleitung auf den Feldern der Schule erhalten.

Schüler und Eltern freuen sich schon riesig, zumal sie bereits eine Menge über den Martinsbrauch erfahren haben. Bei einem ihrer letzten Besuche hatte Ute Schmitz nämlich einen Beamer mitgebracht, ein Bettlaken besorgt und an einer Hüttenwand befestigt. Mit Beginn der Dämmerung, im subtropischen Land gegen 18 Uhr, näherten sich die Dorfbewohner, um bei diesem besonderen Ereignis dabei zu sein. Die Entfernungen innerhalb der Bauenkolonie sind groß, die meisten kamen zu Fuß, die Kleinkinder auf dem Arm und die Haare noch feucht von der abendlichen Dusche und ein wenig fein gemacht. Die jüngeren Kinder waren scheu, erstaunlich leise, aber voller Neugier. Alle Schulbänke wurden nach draußen geschafft, und da saß jetzt ein bunt gemischtes Publikum, das erwartungsvoll auf die improvisierte Leinwand schaute. Sie freuten sich auf ein wenig Spektakel und Abwechslung nach einem arbeitsreichen Tag.

Es war eine nicht ganz unkomplizierte Aufgabe, bei abendlichen 35 Grad und hoher Luftfeuchtigkeit ein Lichterfest im deutschen Herbst zu veranschaulichen. Ausgeprägte Jahreszeiten wie bei uns kennt man in Paraguay, aber es gibt kühle und regnerische Tage, an denen die Menschen in den ungeheizten Hütten frieren.

Lebensgroß erschienen „San Martin“ und sein Pferd, umgeben von Fackelschein, im abendlichen Urwald-Kino. Die Bilder vom Kempener Zug wurden sehr bewundert, obwohl der Hintergrund dieses auf den ersten Blick komischen Treibens durchaus unklar war. Dazu gab es noch ein Martinslied. Weitere Fragen taten sich auf, als St. Martin sich auf einen Ritt durch Schnee und Wind machte. Die Sänger übertönten immerhin die Geräusche der Zikaden. Die von der PPI mitgebrachten Laternen wanderten von Hand zu Hand, und die Besucher bedauerten, nicht mehr Spekulatius mitgebracht zu haben, denn der stieß auf großen Anklang bei den Eingeborenen. Den Schülern der Landwirtschaftsschule erzählten die Gäste vom Niederrhein am Morgen danach im Unterricht von der Sage des Bischofs, der bereit war, mit einem bedürftigen Menschen seinen Mantel zu teilen. Das beeindruckte die Schüler, obwohl „Teilen“ ihnen im Sinne von gegenseitiger Hilfe durchaus bekannt war. Richtige Geschenke sind freilich rar in ihrem Leben.

 St. Martin und seine Herolde waren den Schülern in Paraguay bislang unbekannt.

St. Martin und seine Herolde waren den Schülern in Paraguay bislang unbekannt.

Foto: Norbert Prümen

Dass es im fernen Deutschland, in der Stadt Kempen, von der sie schon öfter gehört und sogar Bilder gesehen haben, Gleichaltrige gibt, die bei kühlen Temperaturen an den Häusern klingeln und für sie sammeln, das müssen sie erst einmal verstehen. Dass dieses Geld dazu dienen soll, ihnen eine Ausbildung zu ermöglichen, macht sie sogar sprachlos. Arbeitsplätze sind rar in Paraguay, Studienplätze für Bauernkinder unbezahlbar.

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