Kempen Einkaufen am späten Abend

Kempen · Seit der Liberalisierung des Ladenschlusses verlängern immer mehr Supermärkte ihre Öffnungszeiten. Seit Anfang des Monats haben viele Kaiser's-Filialen bis 22 Uhr geöffnet. Gewerkschaften sehen die Entwicklung kritisch.

Wenn man dem Namen trauen darf, wird im Tönisvorster "Future Store" der Warenhauskette Real das Einkaufen der Zukunft simuliert. Die Öffnungszeiten der Filiale sind aber schon länger keine Zukunftvision mehr. "Dass Geschäfte bis 22 Uhr geöffnet haben, ist inzwischen etwas völlig Normales im Einzelhandel", findet Real-Sprecher Markus Jablonski.

Ladenschlussgesetz gekippt

In der Tat. Vor fast drei Jahren, im November 2006, ist das Ladenschlussgesetz gekippt worden. Inzwischen weiten immer mehr Supermärkte ihre Öffnungszeiten aus. Jüngstes Beispiel: Ein Großteil der "Kaiser's"-Märkte wurde Anfang des Monats angewiesen, künftig von 7 bis 22 Uhr zu öffnen. Die Resonanz der ersten Tage sei noch schleppend, heißt es aus einem Markt. Das neue Angebot müsse erst noch bekannt werden.

Real-Sprecher Jablonksi erinnert daran, dass auch die Umstellung auf Öffnungszeiten bis 22 Uhr nicht sofort für große Akzeptanz bei den Kunden gesorgt hätte.

"Inzwischen hat sich das aber gut etabliert." In manchen Märkten mache Real in den Abendstunden zwischen 20 und 22 Uhr bis zu 15 Prozent des Tagesumsatzes. Das scheint auch dem Institut für Handelsforschung der Universität zu Köln (IfH) Recht zu geben. Das lieferte die eingängige Formel: "Wer länger aufhat, verdient auch mehr."

Gleichwohl wird in den Zentralen sorgfältig geprüft, wo sich längere Öffnungszeiten auch wirtschaftlich lohnen. Das Angebot, spät abends noch einkaufen zu können, spreche in erster Linie junge Berufstätige, Studenten oder auch Mütter an, meinen die Handelsketten.

"Wenn sich das nicht lohnen würde, würden wir das nicht machen", sagt ein Rewe-Mitarbeiter in der Kempener Filiale. Bei "Kaiser's" heißt es, die Kunden hätten sich die längeren Öffnungszeiten gewünscht. Und dem Wunsch sei man gerne nachgekommen.

Sehr zum Missfallen der Gewerkschaften. "Das ist ein reiner Verdrängungswettbewerb — auf Dauer können kleine Geschäfte nicht überleben", klagt beispielsweise Folkert Küpers, Gewerkschaftssekretär im Fachbereich Handel bei Verdi in NRW. Andere Gewerkschaftsvertreter kritisieren, dass "durch die längeren Öffnungszeiten keine neuen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze entstehen". Stattdessen müsse das Personal länger arbeiten und werde vom gesellschaftlichen Leben abgekoppelt.

Dabei existieren feste Regeln. Verkäufer dürfen höchstens dreimal in der Woche nach 20 Uhr noch im Laden stehen. Und dafür gibt es Spätzuschläge. Probleme hätten die Mitarbeiter nicht gemacht, heißt es aus einem Kaiser's-Markt. "Wir haben festgestellt, dass insbesondere Mütter gerne später arbeiten und sich vormittags um die Familie kümmern", berichtet auch Real-Sprecher Jablonski.

Das Unternehmen hat bundesweit auch zwei Filialen, die sogar bis Mitternacht geöffnet haben. An eine Ausweitung sei derzeit nicht zu denken — selbst im "Future Store" in Tönisvorst nicht. Frage des Tages

(RP)
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