Gemeinde Grefrath Eine WM mit gemischten Gefühlen
Gemeinde Grefrath · Die Brasilianerin Urielba Pavao Lameira mag Fußball. Sie sieht aber auch ein ein Land mit vielen Problemen.
Es sei kein Bombenspiel gewesen, kommentiert Yuri (14 ) das Spiel Brasiliens gegen Kroatien, während es Urielba Pavao Lameira doch schon als spannend bezeichnet. So verschiedenen die Meinungen von Mutter und Sohn sind, in einem sind sie sich einig, das letzte Tor war das beste. Gemeinsam mit Ehemann Markus Türk und Sohn Yuri ist bei Tochter Muriel (23) das Auftaktspiel der Fußball-WM geguckt worden. Wobei das Spiel von einem bitteren Beigeschmack bei der 50-jährigen Brasilianerin überschattet ist. "Man sieht die Unruhen, die es derzeit in meinem Heimatland gibt. Die Demonstranten nutzen die Gelegenheit der Medienpräsenz um auf die Ungerechtigkeiten in Brasilien hinweisen. Und davon gibt es viele", sagt die Grefratherin.
Dabei wird die Stimme der lebensfrohen Frau leise und ernst. Sie weiß, wovon sie spricht, ihre Familie lebt schließlich nach wie vor in Brasilien. Man kenne die Problematiken des schlechten Bildungssystems, die unzureichende gesundheitliche Versorgung, die Korruption, die hohe Kriminalität und die große Arbeitslosigkeit. "Brasilien ist ein reiches Land, aber alles ist ungerecht verteilt. Was alleine für Investitionen in die WM erfolgten! Das Geld hätte der Bildung im Land gut getan", bemerkt die Grefratherin. Die staatlichen Schulen seien so schlecht, dass jeder, der es nur irgendwie ermöglichen könne, seine Kinder auf eine private Schule schicke. Dafür nähmen Familien manche Entbehrungen auf sich.
Bildung sieht die gebürtige Brasilianerin als den Schlüssel für eine bessere Zukunft. Ein gebildetes Volk könne mehr für seine Rechte eintreten, betont sie. Es sind aber nicht nur allein die Gelder, die in die WM fließen, über die Urielba Pavao Lameira verständnislos den Kopf schüttelt. Menschen verloren aufgrund der Stadionbauten, Zubringerstraßen und dergleichen ihr Daheim. Ohnehin schon arme Menschen müssen sie nun noch mehr Leid ertragen. "Aber trotzdem sind die Brasilianer fröhliche Menschen. Sie beklagen sich nicht. Vielmehr haben sie eine positive und offene Lebenseinstellung. Wenn man dort an einer Bushaltestelle steht und ein wildfremder Mensch gesellt sich dazu, wird erzählt", berichtet Urielba Pavao Lameira, die ihr Heimatland aufgrund ihrer großen Liebe verlassen hat. "Irgendwie folgt die Frau immer dem Mann", meint sie lächelnd.
Die Frau mit dem strahlenden und herzlichen Lachen lebt gerne in Deutschland und in Sachen Fußball hält sie sowohl Brasilien wie Deutschland die Daumen. Beide Flaggen hängen so zur WM im Wohnzimmer. "Ein Weltmeister-Titel würde Brasilien gut tun, dann könnte sich auch nach der WM etwas im Land bewegen. Sorgen mache ich mir allerdings, wenn Brasilien nicht weiterkommt. Ich habe Angst, dass die Unruhen im Land dann eskalieren", befürchtet Urielba Pavao Lameira. Sie selber war im vergangenen Jahr das letzte Mal zuhause. Wobei ihr Daheim die Millionenstadt Belém in der Nähe des Amazonas ist.
Wenn alles klappt, geht es im nächsten Jahr wieder für einige Wochen nach Brasilien. Und vielleicht hat sich ihr größter Wunsch von mehr Bildung für alle Kinder in Brasilien dann ein kleines Stückchen erfüllt.