Stadt Kempen Eine ganze Schule will Nawid helfen

Stadt Kempen · Die Kempener Martinschule, allen voran die Klasse 10 b, setzt sich für ihren Schüler Nawid Sediqi ein. Der 16-jährige Afghane soll ausgewiesen werden. Eine Unterschriftenaktion läuft. Der Schulleiter schrieb an dieHärtefallkommission.

 Nawid Sediqi (Mitte sitzend) soll ausgewiesen werden. Seine Mitschüler der Klasse 10 b der Kempener Martinschule sammeln derzeit Unterschriften dagegen.

Nawid Sediqi (Mitte sitzend) soll ausgewiesen werden. Seine Mitschüler der Klasse 10 b der Kempener Martinschule sammeln derzeit Unterschriften dagegen.

Foto: Achim Hüskes

"Ich hätte nie damit gerechnet, dass mir alle so helfen wollen. Ich bin von Anfang an gut aufgenommen wurden, aber diese Unterstützung ist phantastisch", sagt Nawid Sediqi. Tiefe Dankbarkeit ist dabei der Stimme des 16-Jährigen anzumerken. Seine 21 Klassenkameraden schauen bei dem Lob ein wenig verlegen. "Für uns alle ist es selbstverständlich, Nawid zu helfen. Wir wollen, dass er hier bleiben und weiter zur Schule gehen kann. Er spricht super deutsch und ist fleißig. Da könnte sich manch einer eine Scheibe abschneiden", meint Isabell Thelen, die Klassensprecherin der Klasse 10 b der Martinschule in Kempen. Mehr als 600 Unterschriften haben die Schüler schon gegen die Ablehnung des Asylantrages von Nawid gesammelt.

Als Nawid vor zwei Wochen einen Brief erhielt, in dem ihm seine Ausweisung mitgeteilt wurde, brach für ihn eine Welt zusammen. Seit nunmehr drei Jahren lebt er im St. Annenhof in Kempen und besucht die Martinschule. Seit dem Tod seines Vaters und der Wiederverheiratung seiner Mutter aufgrund von religiösen Gesetzen — Nawid war zu diesem Zeitpunkt drei Jahre alt — lebt der in Afghanistan geborene Nawid bei seiner Tante. Diese ist Journalistin und mittlerweile politisch verfolgt, so dass sie vor drei Jahren den Iran mit Nawid verließ.

Während seine Tante inzwischen die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten hat, ist dies beim ihm nicht der Fall. Nawid berichtete seiner Klassenlehrerin Ingrid Markwitz-Rotthäuser von der Ausweisung. "Ich habe ihn dann gefragt, ob wir es der Klasse erzählen sollten", erinnert sich Ingrid Markwitz-Rotthäuser. Nawid stimmte zu und wurde von einer Welle der Hilfsbereitschaft überrascht.

Gemeinsam überlegte die Klasse, was sie machen könnte, und verfiel auf die Idee einer Unterschriftenaktion. "Meine ganze Familie und alle Verwandten, die ich gefragt habe, haben unterschrieben. Nawid gehört zu uns und soll hier bleiben können", sagt Lilia (16). Resul sprach beim Freitaggebet in der Moschee den Vorstand an und "als die Gebete zu Ende waren, unterschrieben alle", erzählt der 17-Jährige.

Nawid, der den Hauptschulabschluss 10 b — mittlere Reife mit Berechtigung für die gymnasiale Oberstufe — erreicht hat, würde gerne das Abitur machen. An der Krefelder Gesamtschule ist er schon aufgenommen. "Nawid war von Anfang an motiviert und ehrgeizig. Er hat alle Angebote in der Schule genutzt und ich habe ihm noch Unterricht in Deutsch, Englisch und Geschichte außerhalb des regulären Unterrichtes gegeben", berichtet Ingrid Hagemann, die zweite Konrektorin der Martinschule.

Für Schulleiter Hubert Kalla ist es unverständlich, dass die von der Schule geleistete Integration so mit Füßen getreten wird. "Wir haben mit viel Engagement eine Integrationsleistung erbracht, was macht es da für einen Sinn, wenn jemand danach ausgewiesen wird. Nawid war von Anfang an lernfreudig und wir haben ihn mit Freude darin unterstützt. Dass ein junger Mensch jetzt einfach nach irgendwelchen Paragraphen ausgewiesen werden soll, ist unfassbar", sagt Kalla.

Vor diesem Hintergrund hat er einen Brief an die so genannte Härtefallkommission Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Düsseldorf geschrieben. Das Gremium befasst sich mit strittigen Ausweisungsfällen. Hauptschulleiter Hubert Kalla macht in seinem Schreiben die Sachlage deutlich und bittet die Mitglieder der Kommission um Unterstützung. FRAGE DES TAGES

(tref)
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