Stadt Kempen Ein Zeichen für den Frieden setzen

Stadt Kempen · Für St. Hubert war es gestern die erste, für Kempen insgesamt die vierte Stolpersteinverlegung. Im Rahmen der Initiative "Stolpersteine in Kempen" erinnern die neuen Bronzetafeln an einen polnischen Zwangsarbeiter und neun Juden.

 Gunter Demnig beim Verlegen des ersten Stolpersteins in St. Hubert. Zahlreiche Schüler und Erwachsene erinnerten gestern an die schlimmen Verbrechen, die an jüdischen Mitbürgern begangen worden sind.

Gunter Demnig beim Verlegen des ersten Stolpersteins in St. Hubert. Zahlreiche Schüler und Erwachsene erinnerten gestern an die schlimmen Verbrechen, die an jüdischen Mitbürgern begangen worden sind.

Foto: norbert prümen

"Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist. Wir wollen ein Zeichen für den Frieden setzen", mit diesen Worten eröffnet Ute Gemmel-Geuchen nicht nur die erste Stolpersteinverlegung in St. Hubert. Die Sprecherin der Initiative "Stolpersteine in Kempen" macht damit auch deutlich, wie wichtig es ist, der Menschen zu gedenken, die durch den Nationalsozialismus zu Tode kamen. Leise und aufauffällig, beobachtet von den zahlreiche erschienenen Gästen, darunter auch Verwandte der ermordeten Menschen, mauert Gunter Demnig den ersten quadratischen Stein mit der Bronzeplatte und dem Namen des Opfers in die vorbereitete gepflasterte Fläche ein.

 Im Rokokosaal des Kulturforums trugen sich Angehörige von Opferfamilien in das Gästebuch der Stadt Kempen ein.

Im Rokokosaal des Kulturforums trugen sich Angehörige von Opferfamilien in das Gästebuch der Stadt Kempen ein.

Foto: norbert prümen

Die erste Verlegung fand an Escheln 1 stattfindet. Dort hatte seinerzeit der Pole Czeslaw Macijewski als Kriegsgefangener gelebt. "Die Hinrichtung fand am 25. Oktober 1941 um 8.15 Uhr in Schmalbrocih statt", trägt Celina, eine Achtklässlerin der Gesamtschule Kempen vor. Der Zwangsarbeiter hatte ein Verhältnis mit einer deutschen Frau, was als "Rassenschande" galt und mit dem Tod durch Erhängen geahndet wurde. Auch die Frau wurde inhaftiert, nachdem sie entgegen der vorgeschriebenen Abtreibung das Kind zur Welt brachte. Sie kam am 25. Februar 1942 in das Konzentrationslager für Frauen in Ravensbrück.

Bei den Worten der Schülerin, die das Schicksal dieser beiden Menschen beschreibt und damit alle Zuhörer an Unfassbarem teilhaben lässt, herrscht Stille. Als sie die letzten Sätzen vorliest, steht tiefes Entsetzen in den Gesichtern. "Die Gestapo teilte der Friedhofsverwaltung in Krefeld nach derartigen Hinrichtungen mit, dass auf Asche und Urne kein Wert gelegt werde. Die Asche könne beseitigt werden. Nicht zuletzt deswegen verlegen wir heute diesen Stolperstein für ihn", liest Celina mit leiser Stimme vor. Begleitete durch die Schüler der weiterführenden Schulen Kempens vom St. Huberter Vokalensemble "Vivoce". Sie trugen unter anderem hebräische Lieder vor, danach begann die Verlegung der Stolpersteine an fünf Stationen. Auf dem Zanger 1 erinnert ein Stein an Eva Falk. "Sie war 83 Jahre alt, als man sie aus St. Hubert auf den Weg in die Vernichtung brachte", trägt Katherina von der Kempener Hauptschule vor. Die Zuhörer erhalten einen kleinen Einblick in das Leben der Jüdin, die im Hürtengwald bei Düren zur Welt kam. Es ist unvorstellbar, dass die alte Dame, als sie sich nicht mehr selber versorgen konnte, keinen Platz in einem Heim fand, da sie Jüdin war. Das St. Huberter Hospital, geleitet von Ordensfrauen, nahm sie letztlich in ihrem Altenheim auf. An der Hauptstraße/Ecke Anton-Hochkirchen-Straße wird Wilhelmine und Siegfried Mendel sowie Ernst Anschel gedacht. Das Schicksal von Eva, Isidor, Mathilde und Hans Felix Lambertz bleibt unvergessen aufgrund der Steine an der Hauptstraße 43. Wobei Hans Felix Lambertz überlebte, da seine Adoptiveltern es schafften, ihn über die Niederlande nach England in Sicherheit zu bringen. Er starb vor drei Jahren in Innsbruck.

An der Königstraße 12 erinnert der Stein an Max Mendel. Stück für Stück geht es durch St. Hubert, wobei viele der Besucher die gesamte Verlegung begleiten. An allen Standorten wird das kleine Rednerpult aufgebaut und Demnig greift zu seinen Arbeitsmaterialien."Es ist wichtig, dass diese schlimmen Schicksale nicht in Vergessenheit geraten. Wir geben hier etwas an die nächsten Generationen weiter. Keiner von uns möchte das erleben, was diese Menschen erlebt haben", sagt Leonie, die zu den Gesamtschülerinnen gehört, die sich in Vorbereitung auf die Stolpersteinverlegung intensiv mit dem Thema auseinandersetzten und Texte vortrugen.

(tref)
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