Kempen Ein Haushalt der Hoffnung

Kempen · Stadtkämmerer Karlheinz Cremers hat Dienstagabend den Kempener Doppelhaushalt 2011/12 im Rat eingebracht. Der Entwurf ist dank Rotstift und dank fiktiver Ausgleichsrücklage rechnerisch ausgeglichen. Risiken bleiben.

Dieser Ausgleich bewahrt zwar die Stadt Kempen vor der gefürchteten Haushaltssicherung, in der sie ihre freie politische Handlungsfähigkeit weitgehend verlieren würde. Um jedoch den Etat für 2011/12 mit seinem Loch von neun Millionen Euro, bis 2014 sogar von 24,6 Millionen Euro Miesen ins Lot zu bringen, muss die Stadt auf ihre Ausgleichsrücklage von 19,8 Millionen Euro zugreifen.

Die besteht allerdings aus städtischem Vermögen wie Straßen, Plätze, kommunalen Gebäuden, die gar nicht verkauft werden könnten. Sie steht fiktiv allein auf dem Papier.

Zur Konsolidierung sollen weitere Einsparungen von 1,4 Millionen Euro, verteilt auf zwei Jahre, beitragen, die die vier Ratsfraktionen CDU, SPD, FDP und FWK (die Grünen beteiligten sich nicht) im Vorfeld gemeinsam erarbeitet haben (die RP berichtete). Diese Vorschläge werden nun in den Ratsausschüssen beraten und bewertet.

Das Ziel, endlich einen echten Haushaltsausgleich zu schaffen, in dem die Erträge und Aufwendungen im Gleichgewicht sind, will die Stadt nicht aus dem Auge verlieren, sondern bis 2015 schaffen. "Diese Perspektive ist ganz wichtig", fand Bürgermeister Volker Rübo gestern im Pressegespräch: "Es darf sich kein Fatalismus breit machen, sondern am Ende des Tunnels muss ein Licht zu sehen sein. Wir wollen kein Griechenland hier haben."

Für diesen tatsächlichen Ausgleich könnte jedoch 2013 ein unpopulärer Schritt nötig werden, nämlich eine moderate Erhöhung der kommunalen Steuern, die zuletzt ab 2011 gestiegen sind. Stadtkämmerer Karlheinz Cremers wird eine Anhebung ab 2013 um etwa vier Prozent vorschlagen. Die Grundsteuer A (Landwirtschaft) würde von 210 auf 220 Prozentpunkte steigen, die Grundsteuer B (Grundstücke) und die Gewerbesteuer jeweils von 420 auf 440. Für die Eigentümer eines Einfamilienhauses wären das 10 bis 15 Euro mehr im Jahr, schätzte Cremers.

Die Mehreinnahmen würden sich 2013 bis 2015 auf rund vier Millionen Euro belaufen, sollte der Rat so beschließen. Mit diesem Geld würde sich Kempen ein "echtes Polster" bei der Ausgleichsrücklage schaffen, die sonst bis 2015 komplett aufgezehrt wäre. Cremers und Rübo glauben, dass die Bürger Verständnis haben würden, wenn die Stadt damit versuche, ihre Schulden zu verringern, die sie früher für ihre gute Infrastruktur aufnehmen musste. "Wir haben die Behördenstadt zu einem feinen Wirtschaftsstandort umgebaut", sagte Rübo. Das Land belohne indessen solche vorausschauende Politik nicht, sondern zähle Kempen als steuerstarken Ort vermeintlich zum "Club der reichen Städte". Die Folge: Bis 2015 bekommt es keine Schlüsselzuweisungen vom Land.

Aufgelaufen sind bis heute 48 Millionen Euro Schulden. Durch Sparpakete, Streichungen, Steuer- und Gebührenerhöhungen der letzten 15 Jahre konnte Kempen seit 2008 vier Millionen Euro Schulden abbauen. Bis 2015 soll der Berg auf 45,8 Millionen abschmelzen. Kämmerer Cremers hat zwar elf Millionen Euro Kredite bis 2015 im Etat eingeplant, aber nur vorsorglich: "Wir nehmen das Geld erst auf, wenn es tatsächlich benötigt wird."

Rübos Fazit: "In dem Haushaltsentwurf stecken Hoffnungen und Risiken. Noch lässt sich nicht sagen, ob es klappt." Frage des Tages

(RP/rl)
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