Kreis Viersen Efrem Tadele hat endlich wieder Hoffnung

Kreis Viersen · Der 22-jährige Eritreer kam Ende 2013 nach Deutschland. Er hat schlimme Zeiten hinter sich. Jetzt hat er eine Chance bekommen.

 Unterstützung von allen Seiten: Efrem Tadele (2.v.l.) hat dank Jochen Peters (l.), Dirk Huppertz (3.v.l.), Dr. Claus Schwenzer und Daniel Helfmeier (r.) eine Perspektive bei Effertz.

Unterstützung von allen Seiten: Efrem Tadele (2.v.l.) hat dank Jochen Peters (l.), Dirk Huppertz (3.v.l.), Dr. Claus Schwenzer und Daniel Helfmeier (r.) eine Perspektive bei Effertz.

Foto: IHk

Wenn Efrem Tadele seine traurige Geschichte erzählt, gibt es den einen Moment, als ein breites Lächeln sein Gesicht erhellt - und der markiert sozusagen das Happy End. Seit dem 1. September macht er bei der Effertz Tore in Mönchengladbach eine Einstiegsqualifizierung (EQ), die ihn auf die Ausbildung zur Fachkraft für Metalltechnik vorbereiten soll. "Jetzt habe ich endlich wieder Hoffnung", sagt er. Der 22-jährige Eritreer, der Ende 2013 nach Deutschland gekommen ist, schlägt sich seit seinem zwölften Lebensjahr alleine durch. Sein Weg führte ihn zuerst über Äthiopien und den Sudan bis nach Libyen. "Ich war immer auf der Suche nach Arbeit, um satt zu werden", erzählt er. "Diese Zeit war wirklich schlimm." Irgendwann entschloss er sich zur Flucht nach Europa, setzte zusammen mit 30 anderen Afrikanern in einem kleinen Boot übers Mittelmeer nach Italien über und landete schließlich - nach Aufnahmestationen, Auffanglagern und Flüchtlingsheimen in ganz Nordrhein-Westfalen - in Mönchengladbach. Dort wurde ihm kürzlich eine Zukunftsperspektive eröffnet.

"Freunde von mir, die sich ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe engagieren, haben mir Herrn Tadele zunächst für ein Praktikum vermittelt, damit er endlich etwas zu tun hat", berichtet Dr. Claus Schwenzer, Geschäftsführer der Effertz Tore GmbH, die sich unter anderem auf die Herstellung von Brandschutz-, Schallschutz- und Sondertoren spezialisiert hat. Nach kurzer Zeit machten ihn seine Mitarbeiter in der Fertigung darauf aufmerksam, dass der junge Flüchtling talentiert, lernwillig und sehr engagiert ist. "Deshalb wollten wir ihm gerne eine Chance geben. Und die berufliche Bildung scheint da genau der richtige Ansatz zu sein, damit er endlich richtig in diesem Land ankommen kann." Doch zuvor war ein Gang durch die Institutionen nötig.

Schwenzer und seine ehrenamtlich engagierten Freunde begleiteten Efrem Tadele zur Ausländerbehörde und zur Arbeitsagentur, um eine Arbeitserlaubnis und die EQ-Förderung für ihn zu erwirken. "Das war alles ziemlich umständlich und hat gedauert, obwohl die Mitarbeiter in den Behörden wirklich sehr hilfsbereit waren", berichtet er. "Denn obwohl alle davon ausgehen, dass Herr Tadele wegen seiner Herkunft dauerhaft hierbleiben darf, war es nicht einfach, ihn aus seinem rechtlichen Schwebestatus herauszuholen. Da müssen schnell andere Lösungen gefunden werden."

Denn Efrem Tadele ist kein Einzelfall. Kein Thema ist in jüngster Zeit in Deutschland so präsent wie der unaufhaltsame Flüchtlingsstrom. "Und keines stellt unsere Gesellschaft momentan vor so große Herausforderungen", sagt Dr. Frank Lorenz, Geschäftsführer des Bereichs Aus- und Weiterbildung bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein. Deshalb hat die IHK zusammen mit den Kreishandwerkerschaften Niederrhein und Mönchengladbach kürzlich alle Mitarbeiter, die in den Kommunen für Flüchtlinge zuständig sind, zu einer Informationsveranstaltung eingeladen. Dabei wurden unter anderem das Verfahren zur Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse, die Einstiegsqualifizierung, die Lehrstellenbörse sowie Veranstaltungen wie das Azubi-Speed-Dating und die Check-in-Berufswelt vorgestellt. "Es gibt bewährte Instrumente, die bereits jetzt zum Einsatz kommen können, um Flüchtlingen einen Einstieg in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt zu ermöglichen", so Lorenz. "Aber es ist klar, dass diese bei Weitem nicht ausreichen werden. Deshalb machen wir uns intensiv Gedanken, welchen Beitrag die Wirtschaft in Zukunft noch leisten kann."

Alle müssen an einem Strang ziehen, damit Flüchtlinge in Deutschland erfolgreich integriert werden - und das auch innerhalb der Unternehmen. Das zeigt das Beispiel aus Mönchengladbach: Jochen Peters, ein Urgestein bei Effertz Tore, hat das Talent von Efrem Tadele erkannt und bezeichnet sich mittlerweile als dessen Freund. "Ich helfe ihm sehr gerne", sagt er. "Denn er ist wirklich ein toller Junge und reißt einem die Arbeit förmlich aus der Hand. So einen Azubi zu finden, ist wirklich nicht leicht."

Auch der Produktions- und Warenmanagement-Leiter Dirk Huppertz steht dem Eritreer zur Seite. Und der angehende Konstruktionsmechaniker Daniel Helfmeier, Azubi im dritten Lehrjahr, ist freiwilliger Nachhilfelehrer. Der gemeinsame Einsatz zahle sich aus: "Tadele finanziert sich schon länger einen Deutschkurs bei der Volkshochschule selbst. Aber erst, seitdem er bei uns ist, macht er auch riesige sprachliche Fortschritte. Der Knoten scheint geplatzt zu sein."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort