Serie Herausforderung E-Commerce (3) Drei Jahre Heimat-Shoppen - die Bilanz

Kempen · Andree Haack von der IHK sagt: Die Händler sind mit neuem Stolz erfüllt; "der Handel muss selbstbewusst einmal darauf hinweisen, was er so alles für die Lebensqualität in einem Ort leistet."

 Das Logo von Heimat-Shoppen

Das Logo von Heimat-Shoppen

Foto: logo

Heimat-Shoppen geht ins dritte Jahr. Wie ist Ihr Bilanz?

Haack Die Bilanz ist sehr positiv, denn wir sehen, dass das Projekt weiter wächst. In NRW haben sich bislang sechs IHK's beteiligt, darüber hinaus einige in anderen Bundesländern. Nun kommen Bereiche wie Saarbrücken, Trier oder Stade dazu. Das ist ein erfreulicher Trend.

Und welche Resonanz verzeichnen Sie aus der Händlerschaft und der Öffentlichkeit?

Haack Zum einen sind die Händler zum Teil selbst überrascht und auch mit neuem Stolz erfüllt, wenn man ihnen über Heimat-Shoppen vor Augen führt, wie wichtig sie eigentlich für lebenswerte Innenstädte sind. Zum anderen findet in der Öffentlichkeit eine wichtige Sensibilisierung statt. Als wir vor drei Jahren mit der Aktion starteten, hieß es vereinzelt: Müsst ihr jetzt schon um Mitleid für den Handel betteln? Längst aber wird das Anliegen mit Sympathie und neuer Sensibilität für den Erhalt lebendiger Innenstädte gesehen.

Heimat-Shoppen ist eine Image-Kampagne. Trägt der Handel das mit, auch wenn nicht sofort Effekte wie mehr Kundschaft im Laden spürbar sind?

Haack Die Händler sehen und akzeptieren das. Allein in unserem IHK-Bezirk beteiligen sich 4000 bis 5000 Händler. Das ist schon eine breite Bewegung.

Wie reagieren die Kunden?

Haack Die Unternehmen berichten, dass Kunden immer wieder überrascht sind, welche Rolle Händler als Arbeitgeber, als Sponsoren für heimische Vereine und Investoren in der Innenstadt spielen. Oft glauben die Leute auch, dass die Stadt vieles macht, was in den Innenstädten passiert. Aber viele Veranstaltungen gehen auf Händlerinitiativen zurück; nehmen Sie "Krefeld pur", "Fischeln open" oder den Bottermaat in Hüls. Auch die Weihnachtsbeleuchtung in unseren Städten kommt vom Handel.

Sie haben das Stichwort Mitleid erwähnt. Wie erklären Sie, dass es nicht darum geht?

Haack Der Handel muss einfach nur selbstbewusst und frech einmal darauf hinweisen, was er so alles für die Lebensqualität in einem Ort leistet. Das ist ja kaum einem Kunden wirklich bewusst. Es geht um Sensibilisierung, nicht um Mitleid.

Haben Sie den Eindruck, dass der Handel die Herausforderung Internet annimmt?

Haack Absolut. Es gibt unglaublich viel Bewegung. Im Moment stehen Händler eher vor der Herausforderung, aus den vielen Angeboten von Dienstleistern, die Hilfe beim Aufbau einer Internet-Präsenz anbieten, das für sie richtige auszuwählen. Eine Sammellösung wie die Vorteilswelt der Sparkasse bietet da Orientierung im Markt.

Viele Händler äußern sich frustriert und sagen: Die Waren, die Kunden im Internet suchen und dann irgendwo in Deutschland kaufen, gibt es zum gleichen Preis auch in der Region bei uns. Sie wünschen sich Konzepte, wie man Online-Einkäufer darauf aufmerksam machen kann. Zeichnen sich Lösungsmodelle ab?

Haack Ein Beispiel ist das Mönchengladbacher Modell "MG bei Ebay" , welches vom NRW-Wirtschaftsministerium gefördert wurde. Das Prinzip ist einfach: Ebay hat eine eigene Mönchengladbacher Stadtseite vorgeschaltet, wo Kunden vor Ort suchen können. Finden sie nicht das passende Produkt, geht es weiter zum gesamten Angebot von Ebay.

Und das macht Ebay mit?

Haack Aber ja; die haben großes Interesse dran und wollen das auch in anderen Städten anbieten - schließlich funktioniert das Geschäftsmodell der "Versteigerung" nur noch eingeschränkt. Das ist eine große Chance für den stationären Handel, und die gleiche Idee steckt ja auch hinter der S-Vorteilswelt. Sicherlich eine spannende Entwicklung, aus der Händler lernen können, wie man sich online präsentiert.

Mal ehrlich: Kämpft man als Händler auf verlorenem Posten?

Haack Auf keinen Fall. Es gibt Untersuchungen, wonach jeweils weniger als zehn Prozent der Kunden ausschließlich im Internet beziehungsweise ausschließlich im stationären Handel einkaufen. Heißt: Die große Masse der Kunden sind Multi-Channel-Einkäufer. Sie bewegen sich im Internet genauso wie im Geschäft.

Händler beklagen immer wieder, dass Kunden sich im Geschäft beraten lassen und dann im Internet kaufen.

Haack Das Bild stimmt einfach nicht. Es gibt längst viel öfter den umgekehrten Weg: Kunden vorinformieren sich im Internet und gehen dann ins Geschäft. Natürlich wird es immer Leute gehen, die Beratungsklau betreiben. Aber das ist kein Grund für Resignation. Die Linie muss sein: Attraktive Geschäfte in attraktiven Innenstädten sind auch digital präsent.

JENS VOSS FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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