Kempen Leierkästen verzaubern die Altstadt

KEMPEN · Im Rahmen der Muziek Biennale sorgte das erste Drehorgel-Festival für Furore. 19 Drehorgeln begeisterten die Besucher nicht nur mit Musik, sondern hauchten der Kempener Innenstadt eine ganz besondere Atmosphäre ein.

 Ein schönes Bild boten die in der Altstadt verteilten Drehorgeln. Die Kempener wussten es zu schätzen.

Ein schönes Bild boten die in der Altstadt verteilten Drehorgeln. Die Kempener wussten es zu schätzen.

Foto: Norbert Prümen (nop)

Es scheint, als wäre die Zeit stehen geblieben. Die Töne, die an allen Ecken in der Altstadt zu hören sind, zaubern ein Flair von Nostalgie in die Thomasstadt. Dort ist es der River-Kwai-Marsch, der erklingt. Ein Stückchen zaubert die „Die Berliner Luft“ Lächeln auf die Gesichter der Passanten. „Das habe ich schon ewig nicht mehr gehört“, bemerkt eine ältere Dame, die sichtlich gerührt auf den Drehorgelspieler blickt, der in der Nähe der Propsteikirche steht und seinem Leierkasten die Töne entlockt.

19 Drehorgeln sind in der Innenstadt anzutreffen. Dass es Spaß macht, an der Drehorgel zu stehen, ist Anne und Manne Assfalg anzusehen. Wobei das Ehepaar aus Bad Waldsee Unterstützung an den beiden blumenbemalten Instrumenten mit den Plüschäffchen hat. Enkeltochter Amelie dreht mit ihren zehn Jahren die Kurbel professionell. „Das habe ich bei Oma und Opa gelernt“, erzählt sie lachend. Ein Stückchen weiter ist das Vater-Sohn-Gespann Christian und Torben Dressel unterwegs. Wobei der 15-jährige Torben die Bauchorgel umhängen hat, und sein Vater das größere Exemplar schiebt. Beides handgebaut, wie der Wittener berichtet. „Für die Bauchorgel habe ich das Holz des chinesischen Blauglockenbaums verwendet, weil es extrem leicht ist. Das ganze Instrument wiegt so gerade einmal acht Kilogramm“, berichtet Christian Dressel.

Bei Josef Lechner bleiben die Besucher indes gleich scharenweise stehen. Seine Drehorgel ist nämlich ein großes Karussell. Zur Melodie des Instrumenten dreht sich das Karussell, und die Pferdchen an den Stangen, auf denen Puppen sitzen, gehen auf und nieder. Auf dem oberen Karussellrand sind Märchenszenen gemalt. Wobei Frau Holle, Hänsel und Gretel, Schneewittchen und Co im blinkenden Licht erscheinen. „Anderthalb Jahre habe ich an der Drehorgel gebaut“, erzählt Lechner.

Mit einem wirklich alten Schätzchen ist Rainer Scharl unterwegs. Seine Drehorgel stammt aus dem Jahr 1915. Zu dem Instrument kann der Krefelder, der in kartierten Knickerbockern samt Jackett, Weste, weißem Hemd und geschnürten Stiefeletten daherkommt, jede Menge erzählen. Gerne öffnet er auch den historischen Holzkasten, um den Besuchern einen Blick auf die rund 35 Zentimeter lange Walze zu ermöglichen. Wobei gestaunt wird. Unzählige von kleinen goldfarbenen Köpfchen als auch Mini-Bügelchen stecken in der Walze. „Die Bügel sind die langen Töne“, erklärt Scharl den Passanten. Ob nun aber historische Drehorgel, selbstgebaut, mit zusätzlichen Glockenspiel oder als ganzes Drehorgelorchester unterwegs – die Instrumente und ihre Besitzer in den passenden Outfits sind Hingucker,  und die Musik ist etwas ganz Besonderes.

 Auch Frauen waren unter den Musikanten reichlich treffen und sorgten für den guten Ton.

Auch Frauen waren unter den Musikanten reichlich treffen und sorgten für den guten Ton.

Foto: Norbert Prümen
 Die Drehorgeln waren teilweise alte Schätzchen, die mit viel Liebe zum Detail angefertigt worden sind.

Die Drehorgeln waren teilweise alte Schätzchen, die mit viel Liebe zum Detail angefertigt worden sind.

Foto: Norbert Prümen (nop)
 Ganz cool mit einem Zylinder präsentierte sich dieser Musikant an seiner Drehorgel.

Ganz cool mit einem Zylinder präsentierte sich dieser Musikant an seiner Drehorgel.

Foto: Norbert Prümen (nop)

„Es ist ein einmaliges Festival, das Kempen so wirklich noch nicht erlebt hat“, bringt es Günter Nelißen auf den Punkt. Wobei er derjenige  Kempener Drehorgelspieler ist, der das Festival der Leierkästen angestoßen hat und Flair in die Altstadt gebracht hat.

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