Mülhausen Liebfrauenschule setzt auf digitalen Unterricht

Mülhausen · Das Mülhausener Gymnasium kommt in der Krise so gut klar, wie es eben geht. Aber die Nähe zu den Schülern fehlt.

 Schulleiter Christoph Aretz: Es gibt gravierende Einschnitte.

Schulleiter Christoph Aretz: Es gibt gravierende Einschnitte.

Foto: ja/Axel Küppers

„Es läuft ganz gut. Aber der persönliche Kontakt fehlt und ist durch nichts zu ersetzen.“ So fasst Sara Falk die ersten Tage nach der Schulschließung in Zeiten der Corona-Pandemie zusammen. Notgedrungen hat die Liebfrauenschule Mülhausen auf „digitales Klassenzimmer“ umgestellt. Das bedeutet für die nächsten Wochen Online-Unterricht, Videotelefonie, Konferenzschaltungen, Home-Office, Hausaufgaben per E-Mail und digitales Klassenbuch statt Pausenklingeln, Augenkontakt, Aufzeigen, Notizen mit Füller und Präsentation vor der Klasse am Whiteboard.

Für Schulleiter Christoph Aretz, die stellvertretende Schulleiterin Sara Falk, rund 80 Lehrer, das Mitarbeiterteam und vor allem die gut 1000 Schüler bedeutet dies gravierende Einschnitte im Miteinander. „Uns kommt zugute, dass wir seit drei Jahren Tabletklassen haben. Schüler und Lehrer machen das schon ziemlich gut“, so Falk.

Mittlerweile sind in drei Jahrgangsstufen rund 400 Schüler mit den Geräten versorgt und vertraut geworden. Was aber keinesfalls bedeutet, dass eine große Einrichtung wie die Liebfrauenschule von jetzt auf gleich auf hundertprozentig funktionierende Digitalisierung programmiert ist. Sara Falk: „Zu Beginn gab es naturgemäß Schwierigkeiten, die wir aber durch ständige Kommunikation und Nachsteuerung ausräumen. Unserem Eindruck nach läuft die Versorgung wirklich gut.“ Die positiven Rückmeldungen sowohl von Eltern als auch von Schülern zu der Unterrichtsversorgung bestätigen diese Einschätzung. Eine Erfahrung, die Sara Falk und viele ihrer Kollegen gleich zu Beginn der Umstellung gemacht haben: Die Rückkopplung der Schüler ist maßgeblich, wie das Lernprogramm auf digitalem Weg vermittelt wird.

„Wir dürfen die Schüler keinesfalls zuschütten mit Wissensstoff, sondern müssen genau eruieren, welche Dosierung die richtige ist“, berichtet Aretz. Ab Klasse 7 – vorher läuft es über E-Mail-Kontakt mit den Eltern – sollen in allen Fächern sogenannte Kursnotizbücher den virtuellen Unterricht steuern. Besser als die klassischen Hausaufgaben von Tag zu Tag seien Projekte, mit denen sich die Schüler über einen längeren Zeitraum beschäftigen können. Doch auch hier klaffen Theorie und Praxis auseinander, beispielsweise im Fach Musik. „Unsere Lehrer sind kreativ geworden und haben andere Kanäle ermittelt, über die sie die Schüler erreichen“, so Falk.

Kompliziert ist auch, eine Kernarbeitszeit einzuhalten, ohne sich zu sehen. Die von Doc Digital verordnete künstliche Intelligenz aus der Steckdose ist beispielsweise überfordert, wenn die Physiklehrerin für 9 Uhr eine Video-Schalte terminiert, der Deutschlehrer hingegen für denselben Kursus zeitgleich Faust-Lektüre angesetzt hat. Dann menschelt es, gottlob. Falk: „Kommunikation ist gefordert.“

Gut behelfen kann man sich an der Liebfrauenschule mit einem Microsoft-Programm, das auch in der Wirtschaft vielfach eingesetzt wird. Über den Gruppenchat konferieren sowohl die Lehrer als auch die Schüler. Das funktioniert so: Wer das Mikro führt, ist für alle zu sehen. Es gibt Rede-Listen, alles läuft strukturiert ab, Dokumentenzugriff ist für alle möglich, so dass der Eindruck einer Konferenz entsteht. Doch auch das ist ungewohnt, ein wenig befremdlich und fehlerbehaftet – etwa, wenn plötzlich das WLAN wegbricht.

„Sehr nervös“, so Aretz und Falk, seinen momentan die angehenden Abiturienten des Gymnasiums. „Wir Lehrer versuchen zwar, zu beruhigen und sie beim Lernen und Vorbereiten so gut es geht zu unterstützen.“ Aber die Ungewissheit nagt doch sehr an den Heranwachsenden. Ein Trost sei immerhin, dass die Kultusminister sich geeinigt haben, dass bundesweit trotz Corona Abiturprüfungen stattfinden.

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