Serie: 50 Jahre Realschule in Kempen (6) Die Schule in Zeiten des Umbruchs

Kempen · Die Achtziger- und Neunzigerjahre: Medien und neue Projekte erobern die Schulwelt. Die Realschule Kempen modernisiert nach innen und öffnet sich nach außen. Erstmals gehen Eltern für mehr Lehrer auf die Straße.

Bereits 1973 hat die Realschule ein Sprachlabor mit 30 Plätzen eingerichtet und sogar einen Videorekorder angeschafft. Ein Jahrzehnt später setzt eine Invasion unheimlicher Geräte ein. Man nennt sie PC oder Personalcomputer. An der Realschule beginnt die Informatik-Information mit einem Schwarz-Weiß-Fernseher, den Physiklehrer Helmut Maciejak im August 1982 mitbringt, und einem privaten PC, einem TI 99 von Texas Instruments, der Brüder Thomas und Jürgen Intveen. Im Schuljahr 1983/84 traut sich die Anstalt an die Anschaffung eines Schulgeräts; eines Commodore C 64 mit Datazelle und Monitor. Ein Jahr später startet mit drei Commodore-Sets die Pflichtarbeitsgemeinschaft Informatik. Heute stehen zwei mit allen Raffinessen ausgestattete Info-Arbeitsräume für 30 Computer zur Verfügung.

1. Februar 1988: Einquartierung in der Realschule. Die beiden Kempener Sonderschulen müssen fusionieren, brauchen dadurch mehr Platz und ziehen in das Gebäude des Abendgymnasiums ein. Zum Ausgleich für die verloren gegangenen Räumlichkeiten bekommt die Realschule für 200 000 D-Mark einen Anbau für Lehrerzimmer, Lehrerarbeitsräume und Verwaltung. Außerdem gibt es nun einen Ausgang zum Lehrerparkplatz, um zur gegenüber liegenden Baracke zu kommen, die sie jetzt wieder nutzt. Trotzdem gibt's Ärger: Im Dezember 1987 lässt die Stadt vorsorglich zur Abgrenzung der beiden Schulhofbereiche einen Zaun errichten. Die Realschüler fühlen sich "wie auf einer Pferdekoppel" und protestieren. Als die Sonderschule im Juli 1992 ausgezogen ist, wird der mittlerweile begrünte Zaun zur willkommenen Abschirmung für die Unterstufenschüler.

Die 1990er-Jahre sind da - und mit ihnen aufregende Projekte, um die "cool" gewordenen Schüler zu motivieren. Unter dem Motto "Macht die Schulen auf, lasst das Leben rein" startet am 13. Februar 1991 an Kempens Schulen auf Initiative des Schul- und Kulturdezernenten Peter Landmann das Projekt "Schule und Kommune", das Inhalte des Schulortes in den Unterricht holen soll. Vom Kultusminister gefördert, ist es zunächst für vier Jahre geplant, läuft dann aber bis 2001. Ein Höhepunkt ist der 1991/92 von Realschülern gedrehte Geschichtsfilm: "Mozart in Kempen". Neue Wege auch im Kunstunterricht: Als 1995 Aktionskünstler Christo den Reichstag verhüllt, tut Kunstlehrer Peter Windgassen das gleiche mit der Pausenhalle der Schule.

Dann - kommt es zu Lehrermangel an der Realschule. Im September 1999 ist Rektor Albert Schwarz, der Mathematik unterrichtete, zum Bürgermeister von Tönisvorst gewählt worden. Im Oktober ist Lehrer Franz Erens gestorben, im November wurde Friedhelm Kohnen (Mathematik, Physik) verabschiedet. Drei Lehrer sind jetzt längerfristig erkrankt, eine Kollegin ist schwanger. Die anderen dürfen nur drei unbezahlte Überstunden die Woche leisten. Die Folgen sind gravierend: Eine Klasse 5 hat in einem Jahr drei Klassenlehrer.

Kommissarischer Schulleiter ist Peter Krause. Er sucht dringend Lehrer für die Naturwissenschaften. Die zuständige Bezirksregierung Düsseldorf sagt fünf Vertretungslehrer zu, aber die werden nur drei bis vier Monate an der Schule bleiben. Um auf nachhaltigen Maßnahmen zu bestehen, demonstrieren am 6. April 2000 etwa 120 Eltern auf dem Buttermatkt vor dem Kempener Rathaus, angeführt vom Schulpflegschaftssprecher Dr. Wilhelm Stratmann. Sie übergeben Kempens Bürgermeister Karl Hensel mehr als 500 Protestschreiben. Der leitet sie an die Schulministerin, die Bezirksregierung und die Landtagsfraktionen weiter. Es ist Kempens erste Eltern-Demo.

(hk-)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort