Kreis Viersen Die Prüfer des Jobcenters

Kreis Viersen · Wenn Hartz-IV-Empfänger eine neue Waschmaschine beantragen, kann schon mal Besuch vom Jobcenter vor der Tür stehen. Vier Kontrolleure sind im Außendienst tätig – und stoßen zum Teil auf überraschende Funde.

Wenn Hartz-IV-Empfänger eine neue Waschmaschine beantragen, kann schon mal Besuch vom Jobcenter vor der Tür stehen. Vier Kontrolleure sind im Außendienst tätig — und stoßen zum Teil auf überraschende Funde.

Sie sind nicht besonders beliebt. Ihre Ankunft macht schnell die Runde unter den Empfängern von Sozialleistungen. Kontrolleure und Fahnder werden die Außendienstmitarbeiter des Jobcenters genannt, wenn es denn freundlich ist. Gregor Küppers sieht sich aber nüchtern selbst als "Sachverhaltsaufklärer".

Er ist Leiter des Außendienstes des Jobcenters Kreis Viersen. Gemeinsam mit drei Kollegen (ehemaligen Leistungsempfängern) überprüft er bei Anträgen nach dem Sozialgesetzbuch II ("Hartz IV") auf Zuschüsse, wie berechtigt die denn sind. Und zwar Zuhause bei den Leistungsberechtigten. Oder Kunden, wie es offiziell im Jobcenter heißt. "Dieser Außendienst zur Bekämpfung des Leistungsmissbrauchs ist unsere gesetzliche Aufgabe", erklärt Waltraud Linnenberger, Bereichsleiterin Recht im Jobcenter. Nur ist diese Aufgabe manchmal nicht ganz einfach und unangenehm.

2100 Kontrollen im Jahr

Im vergangenen Jahr waren die beiden Zweierteams insgesamt 2100 Mal von den Sachbearbeitern im Jobcenter zu häufig unangemeldeten Hausbesuchen geschickt worden. Rein statistisch wurde damit jeder zehnte Hartz-IV-Empfänger einmal besucht. "Es gibt aber Familien, in denen wir wesentlich häufiger waren", sagt Gregor Küppers, der vorher im Kreisordnungsamt für die Bekämpfung von Schwarzarbeit zuständig war. Sie kontrollieren, ob das Bild, das sich der Sachbearbeiter am Schreibtisch gemacht hat, richtig ist: Handelt es sich wirklich um eine eheähnliche Gemeinschaft?

Muss also das Einkommen des Mitbewohners berücksichtigt werden? Muss die Wohnung neu ausgestattet werden? Wenn ja, womit? Ist diese Wohnung wegen Schimmelbefalls nicht mehr zumutbar? Muss der Antragssteller wirklich umziehen, oder reicht eine Renovierung? Muss es ein neuer Schrank sein? Häufig ist ein Antrag unvollständig oder es sind Ungereimtheiten aufgetaucht. Klar, dass die Prüfer nicht immer freundlich empfangen werden.

"Manche Leute sind impulsiver und lassen Dampf ab", sagt Küppers. "Aber wenn man vernünftig erklärt, warum wir kommen, geht es meistens." Die vier Außendienstmitarbeiter haben Schulungen und Seminare zum Thema Deeskalation besucht. Ein Zutrittsrecht haben sie allerdings nicht. "Wir stellen immer klar, dass die Leute uns freiwillig hereinlassen." Dennoch stoßen die Prüfer mitunter auf ungewöhnliche Funde: In einem Fall war eine kaputte Waschmaschine gemeldet worden, die zum Zeitpunkt ihres Besuchs aber gerade lief. In einem anderen Fall entdeckten die Prüfer auf dem Balkon eine Cannabis-Plantage.

Es geht aber auch anders herum: Gregor Küppers erinnert sich an einen Besuch bei einer älteren Frau, die einen Antrag auf einen neuen Herd gestellt hatte. "Vor Ort habe ich erlebt, in was für einer Tropfsteinhöhle sie wohnte. Ich habe ihr dann nahegelegt, sie solle einen Antrag auf Renovierung stellen." Alleine hatte sich die Frau nicht getraut. Frage des Tages

(RP/rl)
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