Stadt Kempen Die Flüchtlingswelle ebbt nicht ab — Lösung nicht in Sicht

Stadt Kempen · Auch zu Beginn des neuen Jahres hat die Bundespolizei wieder unbegleitete minderjährige Ausländer an der Grenze aufgegriffen und in die Obhut des Kempener Jugendamtes übergeben. Eine Lösung ist auch nach vielen Gesprächen in Düsseldorf und Berlin nicht in Sicht.

 Illegal eingereiste jugendliche Flüchtlinge übergibt die Bundespolizei an das Kempener Jugendamt. Von dort werden sie an eine von bundesweit rund 20 Clearingstellen vermittelt.

Illegal eingereiste jugendliche Flüchtlinge übergibt die Bundespolizei an das Kempener Jugendamt. Von dort werden sie an eine von bundesweit rund 20 Clearingstellen vermittelt.

Foto: BUNDESPOLIZEI

Es war zunächst ein wichtiges Signal — mehr nicht. Kempens Bürgermeister Volker Rübo sprach gegenüber der Rheinischen Post von einem "wichtigen Hoffnungsschimmer". Wenige Tage vor Weihnachten waren Rübo und der zuständige Kempener Beigeordnete Michael Klee kurzfristig nach Berlin gereist, um im Bundesinnenministerium mit dem Parlamentarischen Staatssekretär Ole Schröder sowie drei Ministerialbeamten über das Problem der vielen jugendlichen Flüchtlinge zu sprechen, die von der Bundespolizei zur weiteren Betreuung ans Kempener Jugendamt übergeben werden (die RP berichtete).

In Düsseldorf ist das Problem längst bekannt

Endlich, so möchte man meinen, kümmern sich maßgebliche Stellen auf höchster Ebene um das Problem, das die Thomasstadt im vergangenen Jahr über die Maßen strapaziert hat und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Jugendamtes kaum zum Atemholen kommen ließ. Nach den Gesprächen in Berlin— dort konnte Rübo auch mit zuständigen Parlamentariern des Innenausschusses des Deutschen Bundestages sprechen — ist nun auch in der Bundeshauptstadt die Botschaft angekommen, dass die vergleichsweise kleine Stadt Kempen mit der Flüchtlingswelle ein großes Problem hat und dringend Hilfe benötigt.

Das Problem ist auf Landesebene längst bekannt. Jugenddezernent Michael Klee und Jugendamtsleiterin Heike Badberg haben in Düsseldorf mehrere Gespräche geführt. Auf Veranlassung der grünen Landtagsabgeordneten Monika Düker war ein so genannter Runder Tisch eingerichtet worden, an dem die Flüchtlingsproblematik besprochen wurde. Kempen sitzt mit anderen deutlich größeren Städten an diesem Tisch. Die Thomasstadt reiht sich ein in Kommunen mit dem gleichen Problem, die da unter anderem Duisburg, Dortmund, Düsseldorf, Köln, Münster, Bielefeld oder Aachen heißen.

Problem mit dem Umzug der Bundespolizei aus Straelen "geerbt"

Wie dramatisch sich die Lage zuletzt zugespitzt hatte, verdeutlicht die Aussage von Dezernent Klee im Gespräch mit der Rheinischen Post kurz vor Jahresende 2013. "Praktisch bei jeder Kontrolle von Reisebussen, die aus dem westlichen Ausland über die A40 bei Niederdorf nach Deutschland einreisen, greift die Bundespolizei einen unbegleiteten minderjährigen Flüchtling auf", schilderte Klee die Lage. Die aktuelle Rechtslage ist eindeutig: Die Bundespolizei muss die aufgegriffenen Jugendlichen in die Obhut desjenigen Jugendamtes übergeben, wo die Bundespolizei ihren Dienstsitz hat. Seit dem Umzug der Grenzpolizisten von Straelen ins ehemalige Arnoldgelände am Kempener Bahnhof ist das hiesige Jugendamt zuständig. Dass der Umzug der Bundespolizei nach Kempen derartige dramatische Folgen haben könnte, konnte Anfang 2012, als die Polizei nach Kempen zog, niemand ahnen.

Meist wollen die Flüchtlinge gar nicht nach Deutschland

Die jungen Ausländer, die ohne Begleitung eines Erziehungsberechtigen mit dem Fernreisebus auf dem Weg von Frankreich über Belgien und die Niederlande nach Skandinavien sind, werden in den meisten Fällen bei Grenzkontrollen an der Autobahn 40 erwischt. Obwohl sie in den Regel gar nicht in Deutschland bleiben wollen, muss die Bundespolizei sie festnehmen. Nach Klärung ihrer persönlichen Situation werden sie dann ans zuständige Jugendamt übergeben. Das ist in unserem Fall Kempen. Andere Jugendämter im Grenzgebiet — zum Beispiel das der Stadt Nettetal — sind außen vor. Anlaufstelle ist das Jugendamt der Kommune, in der die Bundespolizei ihren Dienstsitz hat. Für den gesamten südlichen Niederrhein ist eben jetzt das Kempen.

Die Rechtslage ist bislang so eindeutig, dass Appelle an die Bundespolizei nicht gefruchtet haben. Diese Polizeieinheit ist direkt dem Bundesinnenministerium unterstellt. Institutionen wie etwa das Landesinnenministerium in Düsseldorf — zuständig für die allgemeine Polizei in Nordrhein-Westfalen — sind im Falle der Bundespolizei die Hände gebunden. "Wir handeln nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuches", sagt Uwe Eßelborn, Sprecher der Bundespolizei. Es sei kein böser Wille, dass das Kempener Jugendamt mit dem Flüchtlingsproblem belastet wird. So seien eben die rechtlichen Bestimmungen.

(RP)
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