Stadt Kempen Der Klang der großen weiten Welt

Stadt Kempen · Iain Matthews und Egbert Derix waren zu Gast in der Paterskirche und zeigten ihr vielseitiges Können. In ihren Lieder geht es um Liebe und Leid, um Begegnung und Einsamkeit.

 Egbert Derix am Klavier und Iain Matthews begeisterten ihre Zuschauer in der Kempener Paterskirche. Sie haben sich zufällig getroffen, das war der Beginn einer großen gemeinsamen Karriere.

Egbert Derix am Klavier und Iain Matthews begeisterten ihre Zuschauer in der Kempener Paterskirche. Sie haben sich zufällig getroffen, das war der Beginn einer großen gemeinsamen Karriere.

Foto: wolfgang kaiser

Kullernde Tränen, wippende Beine und zustimmendes Nicken zeugten von großen Gefühlen, die Iain Matthews und Egbert Derix nicht nur in ihrer Musik hervorbrachten, sondern auch beim Publikum ungefiltert weckten. Diese Meisterleistung erlebten rund 60 Zuschauer im zum Konzertsaal umfunktionierten Chorraum des Kulturforums Franziskanerkloster am Freitagabend. Gesang und Liedermacherei hätten qualitativ locker für eine vollbesetzte Konzerthalle gereicht. Doch Matthew nahm dies, ganz Profi, mit britischem Humor.

Iain Matthews wurde im Juni 1946 in der Provinz Lincolnshire geboren, wo er erste musikalische Gehversuche machte. Weitere Stationen absolvierte er in London, bis zur Gründung von "Matthews Southern Comfort". Mit dem Titel "Woodstock" gelang der Band 1970 ein Nummer-Eins-Hit in Großbritannien. Nicht zuletzt deshalb gilt Matthews als einer der großen internationalen Singer und Songwriter. Als "bereichernden Zufall" nennt er seine Begegnung mit dem niederländischen Pianisten Egbert Derix vor 15 Jahren - der Grundstein zu einer außergewöhnlichen musikalischen Begegnung.

Die Früchte dieser Kooperation klingen nach Memphis und London, nach Vertrautem und nach großer weiter Welt. Stumpf schlägt Matthews die Gitarrensaiten an, wie eine alte Bass-Drum klingt das. Er übernimmt den rhythmischen Part und singt, während Egbert Derix dem Steinway perlende Halbton-Paraden abringt, Akkorde aufspaltet und einzelne Töne wirken lässt. Im Zusammenspiel ergibt sich daraus ein verkopftes Gesamterlebnis von der gänsehautfördernden Ballade bis zur blubbernden Blues-Nummer. Sicher ist dies intensiver und großartiger als Matthews' Gastauftritt beim Konzert seines Songwriter-Kollegen Julian Dawson vor ein paar Jahren. Doch hält sich Iain als Frontmann dezent zurück, erzählt lieber Klang gewordene Geschichten von Liebe und Leid, Begegnungen und Einsamkeit. Derix ergänzt ihn auf ideale Weise, vertieft Melodielinien, umspielt Einzeltöne und setzt Triller, um im nächsten Moment als Leader zum Niederknien schöne Melodien hervorzubringen. Matthews' Texte unterstreichen dies, Zeilen wie "You believe, and I agree". Matthews, der Conférencier: Er erzählt hübsche Geschichten, kokettiert mit seinem Alter und mit der (amgeblich) einhergehenden Vergesslichkeit. Dann wieder Musik: Bei "Restless Wings" breitet das Piano hörbar die Schwingen aus, gleichmäßigen Auf-und-ab-Bewegungen ergänzen das Gitarrenspiel. Immer wieder summt Matthews, setzt Vokale anstatt Text ein. Dazu der stumpfe Gitarrenklang und das perlende Klavier - so einfach und doch komplex gefallen die selbstgeschriebenen Songs. Aber er kann auch anders: jazzig-loungig beispielsweise bei "Ghost Changes", oder reich im Klang durch Reduziertheit bei "Joy Mining". Blau und schön ist der Blues zum Schluss "Bad News", ein schick verpacktes Kleinod. Der bekennende Manchester-Fußballfan weiß, wie er Sehnsucht aufs Wiedersehen schürt: Die Blues-Zugabe "Still alive" ist das gelungene Beispiel hierfür. Worte werden Laute, Sprache wird zur Musik - Matthews/Derix sprechen etwas, was jeder versteht.

(tone)
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