Stadt Kempen Der Arche-Hof rettet alte Rassen

Stadt Kempen · Auf Gut Heimendahl schnattert es kräftig, und das nicht nur zur Osterzeit. Auf der historischen Hofanlage lebt jede Menge Geflügel, darunter auch alte Haustierrassen, die vom Aussterben bedroht sind.

 Puten, wohin das Auge blickt: Auf den Wiesen rund um Gut Heimendahl gibt es viele Rassen, auch alte, die vom Aussterben bedroht sind.

Puten, wohin das Auge blickt: Auf den Wiesen rund um Gut Heimendahl gibt es viele Rassen, auch alte, die vom Aussterben bedroht sind.

Foto: wolfgang kaiser

Neugierig, anders kann man die große Putenschar nicht beschreiben, die unter den blühenden Obstwiesen auf der großen Wiese von Gut Heimendahl auf Futtersuche umhermarschiert. Denn kaum, dass Hannes von Heimendahl an den Zaun herangetreten ist, marschiert die gesamte Gruppe heran und drängt sich an die Gehegeabsperrung. "Die sind schon zutraulich, obwohl sie jemanden, der das Gehege einfach so betritt, schon in echte Bedrängnis bringen können. Wenn wir füttern, läuft das zu zweit ab. Einer lenkt ab, und der andere bringt das Futter rein", sagt Hannes von Heimendahl.

Immerhin bringen die Hähne locker 15 Kilogramm und mehr an Lebendgewicht auf die Waage. Die Puten mit ihrem dunklen Federkleid, das im Sonnenlicht bronzefarben schimmert, sind dabei eine ganz besondere Spezies. Es handelt sich um Bronzeputen. Sie gehören zur Kategorie II innerhalb der Roten Liste der Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen. Dies bedeutet: Sie sind stark gefährdet.

 Frank Winkmann zeigt ein kleines Küken.

Frank Winkmann zeigt ein kleines Küken.

Foto: Kaiser Wolfgang

Diese alte Haustierrasse ist nicht die einzige, die auf Gut Heimendahl zu Hause ist. Die Anlage ist ein sogenannter Arche-Hof, der lebendiges Kulturgut in Reinzucht erhält. "Unser besonderer Schwerpunkt sind die alten Schafsrassen, aber wir haben unter anderem auch die Bronzeputen sowie das Lakenfelder- und das Vorwerkhuhn", informiert Hannes von Heimendahl. Massentierhaltung ist auf der Anlage ein Fremdwort, auch bei den weißen Puten oder den normalen Haushühnern. Vielmehr geht es darum, Tiere, inklusive der besagten alten Haustierrassen, artgerecht zu halten.

Die Schweine stehen wirklich noch auf Stroh, und die Hühner laufen frei herum. Dass die alten Haustierrassen vom Aussterben bedroht sind, sieht von Heimendahl darin begründet, dass sie, wirtschaftlich gesehen, für die Massentierhaltung uninteressant sind. Die Hühner sind nicht auf die Massenproduktion von Eiern getrimmt. Die Lakenfelder-Hennen legen zwischen 160 und 200 Eier pro Jahr und sind damit unrentabel. Ein normales Huhn kommt auf 290 Eier und mehr pro Jahr. Die durchschnittliche Legeleistung pro Tag liegt bei 0,8 Eiern. Vor diesem Hintergrund ist das Interesse, das robuste mittelgroße Huhn mit der weißen Grundfärbung und dem samtschwarzen Halsbehang sowie dem schwarz grünschillernden Schwanz zu züchten, gering.

Das gilt auch für die Vorwerkhühner, die mit einer Legeleistung von durchschnittlich 170 Eiern daherkommen. Dafür sind die alten Rassen aber sehr robust, widerstandfähig und wetterhart. Sie eignen sich sehr gut für ein Leben im Freien. Die Bronzeputen hingegen punkten zwar mit Gewicht, aber es handelt sich bei ihnen um eine sehr langsam wachsende Rasse, was auch sie uninteressant für die Massentierzucht macht, die schnell Ergebnisse sehen will. "Wenn die kleinen Bronzeputen bei uns über die Wiesen gehen, muss ich immer an Flugsaurier denken. Die Tiere sind klein, aber hochbeinig und haben noch überhaupt keine rundliche Putenform. Es dauert, bis die Proportionen stimmen", sagt van Heimendahl. Wichtig ist dem Gutsherrn, dass die Tiere nicht nur artgerecht gehalten werden, sondern dass die Schlachtung auch auf dem Hof stattfindet.

Keines der Tiere muss irgendwohin transportiert werden. "Dass wir diese Tiere in der Fleischtheke des hauseigenen Hofladens anbieten, ist eine Unterstützung zum Erhalt dieser Rassen. Kunden, die die Produkte kaufen, tragen auf diesem Weg zum Erhalt bei", sagt Benita von Heimendahl. Besucher können sämtliche Tiere auf Gut Heimendahl in einer natürlichen Umwelt erleben, und aktuell ist sogar Küken gucken möglich. Unter Wärmelampen wuseln nämlich 20 Küken in einem offenen Innenstall in einem der Nebenräume neben dem Hofladen umher.

Öffnungszeigen: Montags bis freitags von 9 bis 18.30 Uhr sowie samstags von 9 bis 17 Uhr.

(tref)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort