Stadt rechnet mit 220.000 Euro für Sanierung Klopfkäfer bedroht Mühle in Tönisberg

Kempen · Die Kastenbockwindmühle in Tönisberg ist 219 Jahre alt. Mehrmals musste sie repariert werden – auch jetzt wieder. Bock und Hammerbalken sind in Mitleidenschaft gezogen worden. Wie es jetzt mit dem Denkmal weitergeht.

 Die Kastenbockwindmühle in Tönisberg aus der Luft betrachtet: Die 1802 eingeweihte Mühle soll repariert werden.   Foto: Bauch/Krebs

Die Kastenbockwindmühle in Tönisberg aus der Luft betrachtet: Die 1802 eingeweihte Mühle soll repariert werden. Foto: Bauch/Krebs

Foto: Jana Bauch / Andreas Krebs

Der Wind pfeift ganz schön heftig um die Ecke an diesem Nachmittag auf dem Tönisberg. Auf dem kleinen Hügel ragt die Kastenbockwindmühle mit ihrer spröden Schönheit auf. Ein Kleinod –  immerhin gibt es nur noch wenige Exemplare von diesem ältesten Windmühlentyp in Europa. Der Bock hat einschließlich der Fundamente eine Höhe von vier Metern. Der Mühlenkasten ist mit Dach fast zehn Meter hoch, die Länge der Flügel beträgt rund neun Meter. Aus ihrem Inneren hat man einen wunderschönen Blick auf das Umland. Dort entlang müssen damals die Bauern mit ihren Pferdekarren zur Mühle gekommen sein. „Durch diese Luke hier schaute der Müller, wie sein Stendener Kollege die Flügel in den Wind gestellt hatte“, erklärt Peter Raulf, Vorsitzender des Heimatvereins Tönisberg, lachend. Ganz schön clever.

Die Kastenbockwindmühle wurde 1802 fertiggestellt. Es ist, als tauche man in ein früheres Jahrhundert ein, wenn man sie betritt. Angeboten wird noch ein reizvoller Gegensatz: Hier die Mühle mit ihrer ausgeklügelten Technik, die über 100 Jahre ihre Arbeit leistete und gegenüber das Fördergerüst des Bergwerks Niederberg – zwei Beispiele einer Industrie aus längst vergangenen Tagen.

 Die Mühle wartet im Inneren mit einer gewaltigen Achse und einem Räderwerk auf, mit dem die beiden Mühlsteine betrieben werden konnten.

Die Mühle wartet im Inneren mit einer gewaltigen Achse und einem Räderwerk auf, mit dem die beiden Mühlsteine betrieben werden konnten.

Foto: Norbert Prümen (nop)

Eine 219 Jahre alte Mühle – da sollte niemand erwarten, dass der Zahn der Zeit nicht an ihr genagt haben sollte. Zumal die Baumaterialien aus Holz bestehen und ein Großteil davon täglich der Witterung ausgesetzt ist.

Aber der Reihe nach: 1802 wurde die Mühle eingeweiht, an den Bauern Anton Schouten übergeben und in Betrieb genommen. Die erste umfangreiche Sanierung erfolgte 1831/1832. 1910 dann wurden größere Reparaturen notwendig und in diesem Zusammenhang, und das ist für die Gegenwart wichtig, wurde als Material für den Bock, auf dem die drehbare Mühle aufsitzt, anstelle des Holzes nachweislich Stahl verwendet. 1913 kam die Elektrifizierung nach Kempen, der Mühlenbetrieb wurde eingestellt. Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges war die Mühle der Wehrmacht unterstellt. Ihre auf dem Berg liegende Position ermöglichte die gute Fernsicht bis in die Niederlande. 1945 beschädigte eine Granate das Wahrzeichen schwer, vier Jahre später fand eine Instandsetzung statt.  1968 bestand erneut Reparaturbedarf: Die Mühle wurde komplett abgebaut und 1973 neu errichtet.

 Die Windmühle auf einer Postkarte um 1941.

Die Windmühle auf einer Postkarte um 1941.

Foto: Foto Porst/Kreisarchiv Viersen LS Nr. 32016

Nun hat nicht nur die Witterung dem Bock zugesetzt. Der Hammerbalken im Inneren der Mühle ist durch den Klopfkäfer stark in Mitleidenschaft gezogen. Viele Stützen halten die Mühle aufrecht, Statiker kontrollieren regelmäßig die Standfestigkeit des Bauwerks. Ein wenig schräg steht sie – auch dies ein Hinweis auf die Notwendigkeit von Sanierungsarbeiten. Doch der Hausbaum, der steht gerade.

Wie geht es nun weiter mit der Kastenbockwindmühle in Tönisberg? Der Mehlbalken, den der Klopfkäfer befallen hat, wird in den nächsten Monaten, so sagt Christian von Oppenkowski vom Hochbauamt Kempen, bearbeitet. Der Schädlingsbefall wird dann in einer „handwerklich sensiblen Tätigkeit“ ausgearbeitet.

Die Sanierung des Bocks ist aufwändiger. Vom Hochbauamt ist zu erfahren, dass für die Arbeiten voraussichtlich circa 220.000 Euro benötigt werden. „Der Fördermittelantrag, der dieses Jahr im Februar über die Bezirksregierung beim Bund eingereicht wurde, ist leider Ende letzten Monats negativ beschieden worden“, heißt es vom Hochbauamt. Somit sind die Mittel für die Sanierung aus dem städtischen Haushalt zu stemmen. Das Budget steht verteilt über mehrere Jahre zur Verfügung: „Um die Sanierung der Mühle nicht länger aufzuschieben, ist beabsichtigt, die Arbeiten auch ohne Fördermittel zu beginnen.“

Wichtig und sehr besonders ist bei den Sanierungsarbeiten die Wahl des Materials für die Erneuerung des Bocks. Da aus historischen Quellen belegt ist, dass der Mühlenbock nicht durchgängig in Holz, sondern 60 Jahre lang in Stahlbauweise gefertigt war, geht die Tendenz dahin, Stahl zu wählen. Die Untere Denkmalbehörde befürwortet eine Ausführung in Stahl. Wenn das Rheinische Amt für Denkmalpflege mitgeht, und alle Vorzeichen würden darauf hindeuten, so Christian von Oppenkowski, werde man die Pläne dem nächsten Bau- und Denkmalausschuss vorlegen. Danach beginnen die Überlegungen, welche Experten zu Rate gezogen werden können.

Dann wird die Mühle wohl an einen Kran gehängt werden, wenn unter ihr der Bock erneuert wird. Oder aufgeständert. Es bleibt und wird spannend.

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