Kempen Das schöne Kempen schrumpft

Kempen · Die Zeiten ständigen Wachstums sind für die Thomasstadt vorbei. Seit wenigen Jahren sinkt ihre Einwohnerzahl. Zuerst gingen wie überall die Geburten zurück, inzwischen wandern mehr Bürger ab als zuziehen. Die RP zeigt in einer kleinen Artikelserie die Folgen dieses Wandels.

stadt kempen Der Bevölkerungsrückgang hat auch so blühende und attraktiv gelegene Kommunen wie Kempen erfasst. Nicht überraschend ist, dass hier seit 1999 mehr Menschen sterben als geboren werden. Das liegt an den geburtenschwachen Jahrgängen der 1970er und 80er Jahre, die mit einer Fruchtbarkeitsrate von 1,3 bis 1,4 zu wenige Kinder in die Welt gesetzt haben, die nun wieder bei der nächsten Generation fehlen.

Von 400 auf 260 Geburten

Im Jahr 2009 standen 280 Geburten 353 Sterbefälle gegenüber, ein negativer Saldo von 73. Bis vor wenigen Jahren machte die Stadt Kempen diesen Verlust durch Zuwanderungsgewinne wett: Die Einwohnerzahl wuchs leicht, aber stetig. Das hat sich geändert. Inzwischen ziehen mehr Menschen weg als zu, die Stadt schrumpfte innerhalb von fünf Jahren von 36 323 auf 36 024 Bürger. Dabei verlieren besonders die Ortsteile St. Hubert und Tönisberg, während sich Alt-Kempen recht stabil hält (dazu die Grafik). Im Jahr 2024, schätzt eine Prognose der Landesstatistiker, werden nur noch 34 000 Menschen in der Thomasstadt leben und jährlich 260 statt über 400 Kinder wie in den 90er Jahren geboren werden.

"Das wäre schon ein ziemlicher Aderlass", urteilt Bürgermeister Volker Rübo. Mit welchen Folgen? Werden einige Kindergärten und Schulen mangels Nachwuchs schließen müssen? Werden wegen des zunehmenden Anteils alter, und teils pflegebedürftiger Menschen mehr Alten- und Pflegeheime entstehen müssen? Muss die Infrastruktur teils ein Stück zurückgefahren und teils umgebaut werden?

In diesen Fragen zeigt sich nicht nur Rübo zuversichtlich. Denn die Kommune kann auf einer sehr guten Basis aufbauen — von der Sicherheit über Kindergärten und Schulen, Verkehr und Arbeitsplätzen bis zur "Stadt der kurzen Wege". Rübo: "Ein Ort ist nur zukunftsfähig, wenn er attraktiv für Familien ist. Nur so haben wir eine Chance gegenzusteuern." Zwar werde es Kempen nicht mehr schaffen zu wachsen: "Die demographische Entwicklung ist auch durch Zuwanderung nicht mehr umkehrbar", so Rübo. Aber die Stadt könne sich stabilisieren, sich in der Konkurrenz zu Nachbarorten behaupten. Dazu brauche sie junge Familien, junge Leute, die einkaufen, das Kino und das aqua sol besuchen und damit am Leben halten. Ansonsten würden eine Verödung, eine Abwärtsspirale drohen. Die Thomasstadt kann jedoch mit einigen Pfunden wuchern. Da sind die attraktive Altstadt, die guten Einkaufsmöglichkeiten, der ausgezeichnete Ruf der Schulen, die behütetere Atmosphäre in einer sicheren Kleinstadt, die Nähe zu den Großstädten per Auto und Bahn, die Arbeitsplätze im Ort.

Mehr Einpendler zur Arbeit

Bei der Arbeit verzeichnet Kempen erstaunlicherweise sogar einen Überschuss an Einpendlern. Das heißt: Mehr Menschen fahren nach Kempen zur Arbeit, als Kempener ihren Job auswärts ausüben. Hier baut die Politik seit Jahrzehnten auf mittelständische, innovative Unternehmen in einem breiten Branchenmix und ist damit in der Regel gut gefahren wie das Beispiel der neu angesiedelten Absatzzentrale Niederrhein an der Schauteshütte zeigt. Eine enttäuschende Ausnahme ist Bauerfeind, der bei seinem überraschenden Totalabzug ein leeres Fabrikgebäude an der Arnoldstraße hinterließ. Ein anderes Beispiel ist das 100 000 Quadratmeter große NAAFI-Areal, für das eine neue Logistik-Nutzung fehlt. Ansonsten verfügt die Stadt noch über ausreichend Flächenreserven für Gewerbebetriebe. Frage des Tages

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort