Stadt Kempen Das Pro und Contra der Gesamtschule

Stadt Kempen · Die Stadtverwaltung hat im Vorfeld der Elternbefragung einen ersten Informationsabend zur künftigen Schullandschaft in Kempen organisiert. Dabei wurde auch die mögliche neue Schulform Gesamtschule vorgestellt.

 Die Martin-Schule wäre möglicherweise der Standort für eine neue Gesamtschule in Kempen. Hier findet am kommenden Mittwoch auch die zweite Informationsveranstaltung der Stadt zur künftigen Schullandschaft statt.

Die Martin-Schule wäre möglicherweise der Standort für eine neue Gesamtschule in Kempen. Hier findet am kommenden Mittwoch auch die zweite Informationsveranstaltung der Stadt zur künftigen Schullandschaft statt.

Foto: FINGER

Anfang Juni gehen die Fragebögen raus, soll bei allen Eltern und Alleinerziehenden der Erst- bis Drittklässler in Kempen der Bedarf nach einer Gesamtschule abgefragt werden, die dann eventuell zu Schuljahresbeginn 2014/15 an der Martin-Schule anlaufen könnte. Dazu gab es am Mittwochabend in St. Hubert eine erste Eltern-Information. Etwa 180 Interessierte kamen, viele äußerten ihre Skepsis gegen die neue Schulform. Einige wenige waren von einer Gesamtschule überzeugt.

Schuldezernent Michael Klee gab als Moderator der mehr als dreistündigen Informations- und Diskussionsrunde eingangs eine Übersicht über die Schulsysteme, ließ dabei von vorne herein die Sekundarschule außen vor: "Denn diese Schulform eignet sich nicht für die Kempener Schullandschaft, zumal es dort keine Oberstufe gibt." Auch die Politik habe, ergänzte Klee, signalisiert, dass eine Sekundarschule für eine Stadt in der Größenordnung von Kempen nicht der richtige Weg sei. Dennoch blieb für viele Eltern die Reise in eine mögliche Gesamtschule eine ungewisses Unternehmen.

Michael Klee kam auf die veränderte Schullandschaft und den Elternwillen zu sprechen, wonach die Hauptschule künftig keine und bald auch die Realschule wohl wenige Überlebenschancen hätten. Eine Gesamtschule und parallel dazu laufende Realschule schloss der Dezernent aus. Zu den Schülerzahlen teilte Klee mit, dass zumindest bis zum Schuljahr 2015/16 die Zahlen der die Kempener Grundschulen verlassenden Kinder mit rund 300 konstant und stabil bleiben würden. Etwa 50 Prozent würden davon an den Gymnasien unterrichtet, die zweiten Hälfte an anderen weiterführenden Schulen.

Zum Start brauche die Gesamtschule mindestens vier Züge, sprich hundert Schüler. Einen Neubau schloss Klee aus, als ersten Standort böte sich die Martin-Schule an. Neben den Schulleitern der Gymnasien, von Realschule und Hauptschule hatte der Dezernent als Pro-Sprecher für eine Gesamtschule Roland Schiefelbein mitgebracht. Er hat seit 1985 Erfahrungen auf diesem Gebiet, leitet seit mehr als zehn Jahren die Gesamtschule in Nettetal.

"Auch dort hatte es eingangs eine große Skepsis gegeben. Diese ist aber schnell gewichen. In den letzten Jahren hatten wir doppelt so viele Anmeldungen wie Plätze", erklärte Schiefelbein. Er führte unter anderem aus, dass es neben den engen Klassenverbünden ab Klasse sieben Grund- und Erweiterungskurse gebe, insgesamt wäre dies an seiner Schule ab Klasse neun vier (Englisch, Mathe, Deutsch und Chemie), stellte die Noten und Kriterien zu den möglichen Abschlüssen vor. Nicht einig waren sich Klee und Schiefelbein, ob eine Gesamtschule grundsätzlich im Ganztagsbetrieb geführt werden muss. Ja, meinte Schiefelbein — nein, Klee. Dies muss noch bei der Bezirksregierung abgeklärt werden.

Einige der kritischen Anmerkungen aus den Besucherreihen: Bei der Befragung gehe es doch nur darum, ob man für oder gegen eine Gesamtschule sei. Alternativen, wie Sekundarschule oder die Stärkung der Realschule, würden nicht aufgezeigt. Reicht die Zahl der Schüler für eine funktionsfähige Oberstufe überhaupt aus? Was passiert, wenn mein Kind nicht am Gymnasium oder an der Gesamtschule angenommen wird, muss ich dann in die Nachbarorte ausweichen? Wie sieht das konkrete pädagogische Konzept der neuen Gesamtschule aus?

Einige Mütter kritisierten sogar einen möglichen Ganztagsbetrieb. Dies konnte Roland Schiefelbein überhaupt nicht nachvollziehen. Sein Kommentar: "Seien Sie doch froh, wenn dann die Schüler zuhause keine Hausaufgaben mehr machen brauchen und sie nicht als Nachhilfelehrer fungieren müssen."

Wie ist eigentlich die Meinung zur Gesamtschule bei den anderen Schulleitern? Für die Realschule führte Rektor Uwe Hötter aus, dass die starke Schullandschaft in Kempen erhalten bleiben müsse, dass man die anderen Schulen nicht einfach platt machen dürfe, sondern das bisher inhaltlich Gute müsse in das neue System überführt werden. Für die Hauptschule war Hubert Kalla ähnlicher Ansicht: "Unsere gute Arbeit muss sich da wiederfinden." Und der Leiter des Thomaeums, Edmund Kaum, war sich nicht sicher, ob später einmal in Kempen vier Oberstufen (zwei am Gymnasium, je eine an Berufskolleg und Gesamtschule) existieren könnten.

(wsc)
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