Kreis Viersen Das kleine Beitrags-Wunder

Kreis Viersen · Das Land hat den Elternanteil für die Kinderbetreuung neu festgeschrieben, viele Städte erhöhen ihre Beiträge. Kempen und Willich gehören zu den wenigen Ausnahmen, Grefrath und Tönisvorst müssen noch zittern.

Aus den NRW-Großstädten dringen schlechte Nachrichten in den Kreis Viersen. Die Landesregierung in Düsseldorf hat einen Gesetzesentwurf verabschiedet, der den Elternanteil für die Betreuungskosten bei 19 Prozent festschreibt. Strukturschwache Städte wie Gelsenkirchen liegen weit unter diesen 19 Prozent, der Höchstbetrag für die Erziehungsberechtigten könnte dort auf bis zu 600 Euro schnellen. Aber auch sonst erreicht kaum eine Stadt und kaum ein Kreis die Marke, steigende Beiträge drohen fast überall. Zwei der wenigen Ausnahmen: Kempen und Willich. Ob auch Grefrath und Tönisvorst zu diesem erlesenen Kreis zählen werden, kann das Kreisjugendamt noch nicht sagen.

Das kleine Beitrags-Wunder von Kempen und Willich kennt zwei Ursachen. Erstens: „Wir konnten seit Jahr und Tag den Luxus leisten, 19 Prozent zu nehmen“, sagt der Kempener Stadtsprecher Christoph Dellmans. Zweitens: „Das verdanken wir der Bevölkerungsstruktur“, erklärt Christoph Gerwers, Beigeordneter der Stadt Willich. Ein starkes bürgerliches Milieu bedeutet weniger Eltern, die wegen zu geringen Einkommens aus dem Kreis der Beitragszahler fallen, ergo gleichmäßiger verteilte Kosten.

Die möglichen Probleme für Grefrath, Tönisvorst und die übrigen Kommunen, die das Kreisjugendamt betreut, erklären sich aus der bisherigen Regelung: Von den Betriebsausgaben zog das Land die Anteile des Kindergarten-Trägers und der Eltern ab. Die übrigen Kosten teilte es sich mit dem örtlichen Jugendamt. Blieben die tatsächlich erbrachten Elternbeiträge unter 19 Prozent, so übernahm das Land den fehlenden Betrag ebenfalls zur Hälfte. Diesen so genannten Elternbeitragsdefizitausgleich hat der gesetzgeber nun abgeschafft und verlangt effektiv 19 Prozent Elternanteil von den Kreisen und Städten, unabhängig davon, wer sie aufbringt. Reiche Gebietskörperschaften decken das Defizit künftig aus ihrem Haushalt, klamme werden die Eltern erneut zur Kasse bitten.

Das Kreisjugendamt hat die Beiträge bereits zum 1. Januar um durchschnittlich drei bis fünf Prozent erhöht und erwirtschaftet nun gut 17 Prozent der rund 21 Millionen Euro Betriebsausgaben. Das verbleibende Defizit beläuft sich auf 420 000 Euro. Gibt es also eine Beitragserhöhung? „Woher die Deckung kommt, kann ich noch nicht sagen“, erklärt Hannes Vilcans vom Kreisjugendamt. „Hoffentlich nicht von den Eltern.“

Vor dieser Hoffnung steht allerdings ein Hindernis. Der Anteil der kirchlichen Träger ist von 20 auf zwölf Prozent gesunken. Dies verursacht für den Kreis weitere 200 000 Euro Kosten. „Wir müssen also ohnehin mehr investieren, um die Standards zu halten“, sagt Vilcans.

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(RP)
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